BLICK: Alex Wilson, Sie sind am Donnerstag 29 Jahre alt geworden. Wie haben Sie gefeiert?
Wilson: Ach, mein Geburtstag ist ein ganz normaler Tag. Ich bin im Wettkampf-Modus, ich habe an der WM einen Job zu erledigen. Darum gabs nicht viel zu feiern. Ich bin jetzt einfach schon 29. Ich werde langsam alt (lacht).
Sie sind im besten Sprinteralter.
Zum Glück.
Wie lange machen Sie noch?
Ich will sicher bis Olympia 2024 in Paris dabei bleiben, dann schaue ich weiter. Ich kann nicht jetzt schon aufhören. Ich bin voll drin und ich schulde der Schweiz noch etwas. Ich muss etwas bringen. Unsere Sportart ist nicht so gross. Ich muss sie noch ein bisschen verkaufen, bevor ich mich zur Ruhe setze. Wenn ich gehe, sollen die Leute in der Schweiz die Leichtathletik lieben. Dann müssen wir zu den grossen Sportarten im Land gehören.
Sie nehmen sich viel vor.
Ja. Aber ich bin auf gutem Weg. Ich habe Rekorde gebrochen, die man keinem Schweizer zugetraut hätte. Wer hätte gedacht, dass ein Schweizer die 200 m unter 20 Sekunden läuft? Oder die 100 m fast unter 10 Sekunden?
Sie werden immer schneller. Was trauen Sie sich bei der WM in Doha zu?
Viel. Im Training bin ich zuletzt persönliche Bestzeiten gelaufen, ich bin konstant schnell.
Wie schnell?
Sehr schnell. Ich bin im Training über 200 m schon wieder nahe an den Zeiten, die ich beim Schweizer Rekord gelaufen bin. Und ich bin kein Trainingsweltmeister! Das zeigt: Ich bin parat. Ich muss einfach im Kopf stark sein.
Das heisst: Sie sind so fit wie noch nie, so schnell wie noch nie.
Genau. Das sagen meine Trainer.
Was ist jetzt möglich?
Alles. Glauben Sie mir. Alles!
Eine WM-Medaille?
Wenn ich an einen Wettkampf gehe und nicht eine Medaille als Ziel habe, dann kann ich gleich wieder nach Hause gehen. Ach was: Dann kann ich von Anfang an zuhause bleiben. Der Final reicht mir nicht. Es ist Zeit, noch einen Schritt nach vorne zu machen. Ich sage mir: «Alex, jetzt musst du nach vorne schauen, du kannst nicht zufrieden sein: Jetzt ist es Zeit.» Ich bin im besten Alter und in der besten Form, die ich je hatte. Wenn nicht, jetzt, wann dann?
Nächstes Jahr kommt Olympia, es gibt eine Europameisterschaft.
Natürlich. Und wenn ich es nicht schaffen sollte, lasse ich den Kopf nicht hängen. Ich habe nächstes Jahr zwei neue Chancen. Aber man kann nicht immer auf das nächste Jahr hoffen. Man muss mal sagen: Das ist es jetzt! Irgendwann bin ich alt und laufe am Stock. Dann bin ich nicht mehr schnell.
Sie waren diesen Sommer viel verletzt.
Ja, ich bin froh, dass das endlich vorbei ist. In La Chaux-de-Fonds laufe ich die 200 m unter 20 Sekunden (19,98 Sekunden, was Schweizer Rekord bedeutet, d. Red.), bin in Top-Verfassung. Aber dann verletze ich mich, kann sechs Wochen nicht mehr trainieren. Das ist das Schlimmste, was passieren kann. Du bist dort, wo du sein willst und fällst dann ganz runter.
Und jetzt haben Sie Ihre Form wieder?
Ja! Zum Glück ist die WM dieses Jahr so spät. Es braucht viel im Kopf, um wieder da hin zu kommen, wo man war. Aber ich versuche, immer positiv zu denken. Darf ich ein Beispiel machen?
Na klar.
Du kannst einen Hund überall hinbringen. Er weiss immer, wo er daheim ist, findet immer den Heimweg. Ich bin wie ein Hund: Ich finde immer wieder meine Form. Egal, was passiert.
Sie sind wie ein Hund?
Ja, genau.
Welche Rasse?
(lacht) Ach, darauf läuft das hinaus. Nein, ich bin wie ein Tiger!
Was machen Sie nach Doha?
Dann gehe ich in die Ferien nach Jamaika. Das Programm: Strand, Füsse hochlegen, das Leben geniessen. Mal wieder richtig essen, nicht immer auf alles verzichten. Ich freue mich riesig darauf.
Worauf müssen Sie am meisten verzichten?
Das Beste ist, am morgen aufstehen zu können und nicht daran denken zu müssen, um Punkt 8 Uhr im Training zu sein. Das ist das Schönste! Ich kann am Morgen essen, was ich will, ohne daran denken zu müssen, ob ich im Training dann kotze oder nicht. Und ich kann am Abend bis zwei Uhr wach sein. Ohne Sorgen. Darauf freue ich mich.
Was essen Sie dann?
Alles! Alles, alles, alles, alles! Von Burger King bis McDonald’s, vom Kebab-Laden bis zum chinesischen Restaurant.
Sie kommen mit 94 Kilo zurück.
Nein, das nicht (lacht). Aber ich hoffe, dass es schon Minimum 87 Kilo sein werden. Aber langsam! Zuerst ist noch die WM.
Es werden heisse Rennen in der Wüste. Wie vertragen Sie die Hitze?
Mir liegt das noch. Ich hoffe, das Stadion wird nicht auf 25 Grad heruntergekühlt, wie es die Organisatoren versprechen. Wir sind Profis und müssen uns anpassen. Dann ist es halt eben heiss, na und?
Vor einem Jahr bei der EM in Berlin war es auch heiss.
Ja, das war super für mich. Ich habe mich mit jedem Lauf besser gefühlt. Ich bin richtig heiss gelaufen. Dieses Jahr bin ich jetzt schon heiss. Ich weiss: Ich kann mit den Weltbesten mithalten. Jetzt muss ich einfach gesund bleiben und den Job machen.
Er ist der schnellste Mann im Land: Sprinter Alex Wilson (29). Der EM-Bronzegewinner von 2018 in Berlin über 200 m wurde auf Jamaika geboren, kam im Alter von 15 Jahren mit seiner Mutter nach Basel. «Basel ist mein Zuhause, nach Jamaika gehe ich in die Ferien», sagt er. Im Juni stellte er in La Chaux-de-Fonds gleich zwei Schweizer Rekorde auf: Er lief die 100 m in 10,08 und die 200 m in 19,98. Wilson ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Er ist der schnellste Mann im Land: Sprinter Alex Wilson (29). Der EM-Bronzegewinner von 2018 in Berlin über 200 m wurde auf Jamaika geboren, kam im Alter von 15 Jahren mit seiner Mutter nach Basel. «Basel ist mein Zuhause, nach Jamaika gehe ich in die Ferien», sagt er. Im Juni stellte er in La Chaux-de-Fonds gleich zwei Schweizer Rekorde auf: Er lief die 100 m in 10,08 und die 200 m in 19,98. Wilson ist verheiratet und hat zwei Kinder.
100 Meter
Vorläufe (Freitag, 27. September)
Halbfinal und Final (Samstag, 28. September)
200 Meter
Vorläufe (Sonntag, 29. September)
Halbfinal (Montag, 20. September)
Final (Dienstag, 1. Oktober)
100 Meter
Vorläufe (Freitag, 27. September)
Halbfinal und Final (Samstag, 28. September)
200 Meter
Vorläufe (Sonntag, 29. September)
Halbfinal (Montag, 20. September)
Final (Dienstag, 1. Oktober)