Sprint-Star Alex Wilson hält legendäre Neujahrsrede
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Erster Lacher im 2019:Sprint-Star Alex Wilson hält legendäre Neujahrsrede

Sprint-Blitz Alex Wilson richtet sich an die Nation
«Die Schweizer sollen stolz sein auf ihre Sportler»

Im Sommer 2018 hat er EM-Bronze über 200 m gewonnen, Schweizerrekorde in Serie abgeliefert. Sprinter Alex Wilson hat davon noch nicht genug, will wie Mujinga Kambundji zeigen, dass auch für «kleine Schweizer» Unmögliches möglich ist.
Publiziert: 02.01.2019 um 17:40 Uhr
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Alex Wilson hielt eine Neujahrsrede.
Foto: Screenshot
Interview: Carl Schönenberger

BLICK: Alex Wilson, eine ungewohnte Rolle. Sie haben sich mit einer Neujahrsansprache auf blick.ch an die BLICK-Leser im ganzen Land und an all Ihre Sportlerkollegen gerichtet. Wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Alex Wilson: Vor allem ist es für mich eine Ehre, dass ich das machen durfte. Ein bisschen nervös bin ich schon gewesen. Ich wollte es ja perfekt machen.

Dann sind Sie ohne vorgeschriebene Rede und ohne Spickzettel vor die Kamera getreten. Ist das für Sie perfekt?
Ja. Ich bin Alex Wilson, spontan und echt. So sollte auch Alex Wilson bei der Neujahrsansprache rüberkommen. Frisch von der Leber weg – nicht gespielt oder gekünstelt.

Haben Sie schon Reaktionen auf Ihren Auftritt bekommen? Wie fielen diese aus?
Klar. Die ersten Freunde haben mich beglückwünscht, bevor ich selbst das Video gesehen hatte. Das Echo auf meine Ansprache ist sehr positiv. Darüber freue ich mich.

Sie wissen, dass Ihr Auftritt verpflichtet? Lea Sprunger hat im vergangenen August in Nyon, ihrem Wohnort, die 1.-August-Rede gehalten und wenige Tage danach in Berlin die EM-Goldmedaille über 400 Meter Hürden gewonnen.
Dann ist das für mich ja auch ein gutes Omen. Ich habe in Berlin ja schon EM-Bronze über 200 Meter gewonnen. Da kann ich mit meinem Ziel für die WM in diesem Sommer in Doha doch nicht zurückstecken. Ja, ich will eine WM-Medaille!

Das wird gegen die Amis und die Jamaikaner aber schwierig …
… aber nicht unmöglich. Ich weiss, dass ich noch schneller laufen kann, als ich das 2018 getan habe. Dafür trainiere ich ja auch noch härter.

Sie trainieren seit einiger Zeit mit starken Briten in London. Neuerdings hat sich auch Mujinga Kambundji dort einer britischen Trainingsgruppe angeschlossen. Haben Sie Mujinga in London schon getroffen?
Nein. London ist gross. Mujingas Gruppe trainiert auf der anderen Seite der Stadt als ich. Aber wir werden uns in London sicher einmal begegnen.

Sie und Mujinga könnten dort ja eine WG bilden.
Eine gute Idee. Das wäre sicher spannend. Wir könnten uns gegenseitig inspirieren. Die schnellste Schweizer Frau und der schnellste Schweizer Mann in einer Wohngemeinschaft – das wäre genial, aber aus logistischen Gründen wohl nicht möglich.

Was ist für Sprinter denn so speziell in London?
Die Briten sind mit den Amis und den Jamaikanern ja die weltbesten Sprinter. Engländer holen bei Meisterschaften regelmässig Sprintmedaillen. Da ist es doch optimal, wenn man täglich mit so schnellen Athleten zusammen trainieren kann. Mujinga und ich, wir suchen diese Challenge. Wir wollen noch besser werden. Viele Schweizer Athleten ticken allerdings anders. Sie weichen der Konkurrenz aus. Bei uns in Basel hat sogar ein Sprinter meinen Klub verlassen, damit er jetzt in Aarau der Beste ist. So ist die Schweizer Mentalität. Sie wollen Stars sein – ich will schnell sein. Mujinga und ich sprinten nicht für Ruhm und Geld. Wir machen das mit Herz, aus Liebe zu unserem Sport.

Ist die Mentalität in England denn anders als bei uns in der Schweiz?
Ja. Ein Beispiel: Erst vor kurzem hat mich in der Schweiz wieder jemand angesprochen. Als Leichtathlet könne man doch nicht Profi sein. Damit lasse sich ja nicht genug zum Leben verdienen. In England ist das anders. Wenn ich in meinen Sportkleidern mit der U-Bahn oder im Bus unterwegs bin, fragen mich Leute, wohin ich gehe und was ich mache. Wenn ich ihnen sage, ich sei Sprinter und gehe zum Training, klopfen sie mir stolz auf die Schultern und wünschen mir viel Erfolg. Bei Wettkämpfen in England ist die Stimmung im Publikum auch ganz anders. Sport-Spirit ist Teil der englischen Kultur.

Wollen Sie mit Ihrer Neujahrsansprache an der Schweizer Mentalität etwas ändern?
Ja, ich will den Leuten Mut machen, auch scheinbar Unmögliches möglich zu machen. Ein bisschen hat sich die Zurückhaltung ja auch schon abgelegt. So bin ich nach meiner EM-Bronze Ende August beim Weltklasse-Meeting im Letzigrund vom Publikum ja gefeiert worden wie ein König. Unglaublich. Ich will, dass das auch andere Schweizer Leichtathleten erleben können. Die Schweizer sollen stolz sein auf ihre Sportler.

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