Top-Talent läuft Schweizer Rekord
Hürden-Joseph ist die Nummer 2 der Welt

Bärenstark, was Jason Joseph am Freitagabend in Bern abliefert. Der Baselbieter stellt über 110 m Hürden einen neuen Schweizer Rekord auf – und läuft dabei die zweitschnellste Zeit des Jahres.
Publiziert: 24.07.2020 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2020 um 22:32 Uhr
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Schneller als jemals ein Schweizer vor ihm: Jason Joseph stellt in Bern einen neuen Schweizer Rekord auf.
Foto: keystone-sda.ch
Emanuel Gisi

Jason Joseph (21) überrascht sich am Freitagabend selbst. Der Baselbieter sprintet in Bern in 13,34 Sekunden über 110 m Hürden – neuer Schweizer Rekord! Joseph verbessert seinen eigenen Rekord damit noch einmal um fünf Hundertstel.

Wie stark die Zeit ist, zeigt ein Blick auf die Jahresbestenliste. Natürlich sind wegen des Corona-Lockdowns nicht alle Stars in Topform. Aber weltweit war bisher erst der Brite Andrew Pozzi (13,30) schneller – wobei Pozzi bei seinem Lauf vor einer Woche in Savona (It) 1,6 m Rückenwind hatte, Joseph dagegen mit 1 m Gegenwind kämpfte. Sowieso sprachen die Bedingungen nicht dafür, dass das Hürden-Megatalent am Freitagabend so schnell sein würde – eigentlich wars zu feucht und kühl. «Den Rekord hatte ich für diese Saison schon auf der Rechnung», sagt der U23-Europameister. «Aber als ich hier angekommen bin und das Wetter gesehen habe, dachte ich: ‹Heute wohl eher nicht›», so Joseph. Und fügt mit einem Augenzwinkern an: «Aber wenn ich schon mal da bin…»

Mitte August in Monaco?

So lässt er sich auch nicht aus der Bahn werfen, als er die zweitletzte Hürde touchiert. Woher kommts, dass der 21-Jährige in dieser Zwischensaison ohne grosse Wettkämpfe so gut drauf ist? Die lange Pause im Lockdown habe ihm gutgetan. «Wir hatten keinen Zeitdruck, weil wir nicht wussten, wann es weitergeht. Das hat mir und wohl auch vielen anderen Athleten geholfen. Ich glaube, wir merken gerade, wie wichtig der Fokus auf Erholung ist.»

Ein bisschen erholen kann er sich jetzt. Möglicherweise aber wird der Terminkalender bald voller als gedacht: Mit dieser Zeit hat Joseph gute Chancen, Mitte August beim Diamond-League-Meeting in Monaco laufen zu dürfen.

Darauf dürfen auch andere hoffen. Die Tessinerin Ajla del Ponte (24) zum Beispiel. Sie ist derzeit die schnellste Sprinterin Europas und sie gibt sich in Abwesenheit von Lokalmatadorin Mujinga Kambundji (28) über 100 m keine Blösse, siegt in 11,15 Sekunden.

Wicki souverän

Ebenfalls stark unterwegs: Silvan Wicki (25), das männliche Pendant zu Del Ponte. Keiner ist in dieser Saison über 100 und 200 m schneller als der Basler. Und das bleibt so: Der vierfache Europameister Christophe Lemaitre (30) hat bei seinem 100-m-Saisondebüt gegen den Schweizer keinen Stich. Zeuge von Wickis nächstem Saisonsieg: Der verletzte Alex Wilson (29) – mit dem Schweizer Rekordhalter hatte sich Wicki zuletzt eine öffentliche Fehde geliefert. Die Siegerzeit kommt mit 11,33 Sekunden auf halb nasser Bahn allerdings nicht in die Nähe der 10,11, die er vor zwei Wochen in Bulle lief. «Das war kein Spitzenlauf», sagt Wicki. «Ich habe mich nicht so federleicht gefühlt wie vor zwei Wochen. Aber sehr solide. Das Tagesziel war, zu gewinnen. Das habe ich geschafft, und dass ich Lemaitre geschlagen habe, ist ein sehr spezielles Gefühl. Ihn muss man erst einmal schlagen, ich hatte schon ein bisschen Druck.»

Der nächste Test folgt sogleich: Wicki tritt am Sonntag in Regensburg (D) an. «Jetzt bin ich gespannt, was im Vergleich mit der deutschen Sprintelite möglich ist.»

Ansprechende Schweizer Leistungen

Damit nicht genug: Auch über 400 m gibts mehr als solide Schweizer Leistungen: Ricky Petrucciani (46,37) und William Reais (46,45, persönliche Bestzeit) laufen über 400 m hinter dem Niederländer Jochem Dobber ein. Sein Saisondebüt gibt im selben Rennen Ex-Hürdeneuropameister Kariem Hussein, der in 47,27 Sekunden Fünfter wird.

Ansprechend auch die Leistung von Selina Büchel, die die 800 m in 2:01,79 läuft. Und natürlich gehts in Bern nicht ganz ohne Kambundji: Mujingas kleine Schwester Ditaji (18) zeigt bei ihrem Sieg über 100 m Hürden ihr Potential.

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