Über zwei Dutzend aktuelle Goldmedaillensieger von Peking treten letzten Donnerstag bei «Weltklasse Zürich» an. Doch was die knapp 25 000 Fans im Letzigrund nicht wissen: Eine weitere Weltmeisterin sitzt als Fan auf den Tribünen – die Schweizer U18-Siebenkampf-Weltmeisterin Géraldine Ruckstuhl.
Die 17-Jährige aus Altbüron LU fiebert mit ihren Idolen mit. «Es war eine tolle Atmosphäre mit vielen top Leistungen. Ich habe vor allem den Speer-Wettkampf genauer verfolgt», sagt sie.
Im Juli sorgte Ruckstuhl mit dem Sieg an der U18-WM in Cali (Kol) für das zweite Schweizer Junioren-WM-Gold nach Mittelstrecklerin Anita Weyermann (U20-WM, 1994/1996). Den Weltrekord verpasste sie mit 6037 Punkte trotz nicht optimalem Wettkampfverlauf nur um zwei Punkte.
Fürs Letzi-Meeting lässt Ruckstuhl das Training für einmal sausen. Sonst hingegen ist das Ausnahmetalent eine gewissenhafte, ehrgeizige Sportlerin – mit Fernziel Olympia 2020 in Tokio.
Im Speer schon eine der Weltbesten
Ihr langjähriger Trainer Rolf Bättig sagt: «Sie hat einen grossen Willen und fehlt nie im Training.» Dreimal wöchentlich trainiert Géraldine abends in Grossdietwil LU. Dazu absolviert sie je einmal wöchentlich ein inidividuelles Lauftraining und in Luzern ein Speer-Spezialtraining, ihre Meisterdisziplin. Dort gehört sie weltweit zu den besten ihres Jahrgangs.
Rund zwölf Stunden Leichtathletik-Training sinds pro Woche. Bis Sommer 2017 absolviert Ruckstuhl eine schulische KV-Ausbildung bei der «Frei’s Talents School» in Luzern, ihr betriebliches Praktikum macht sie zur Zeit bei der Firma Kronospan Schweiz AG in Menznau LU.
Besonders happig ist jeweils der Mittwoch: Vormittags Büro-Arbeit («Momentan bin ich im Verkauf, Bereich Deutschland, tätig.»), am Nachmittag Schulbank drücken und am Abend Training. Alles mit dem ÖV.
«Viel Freizeit habe ich selten. Meistens muss ich so um sechs Uhr aufstehen. Aber ich liebe meinen Sport», sagt Ruckstuhl, die die Zeit im Bus nutzt, um zu lernen. Und auch ihr Freund Yanick (17) darf nicht zu kurz kommen.
Mit seiner Familile gönnte sich Géraldine nach der U18-WM gemeinsame Ferien in Kalifornien. Nach Abschluss der Ausbildung will sie voll auf die Karte Sport setzen, später vielleicht Polizistin werden.
Wie sehr sie die Leichtathletik liebt, verrät sie gleich selbst: «Als die WM in Peking lief, bin ich extra mitten in der Nacht um drei Uhr aufgestanden, um die Mehrkämpfe und die Speer-Wettbewerbe am TV zu schauen.»
Zu hoffen ist, dass Géraldine an Olympia 2020 in Tokio den Fernseher nicht anmachen muss – sondern gleich selber läuft, wirft und stösst.