Darum gehts
Xenia Buri (17) will sich gar nicht entscheiden. Muss sie auch nicht. Denn sie ist in beiden Disziplinen schnell. Sehr schnell. Die 17-jährige Bernerin hat nicht nur den U18-Landesrekord von Mujinga Kambundji (32) über die 60 Meter geknackt, sondern auch jenen von Ditaji Kambundji (22) über die 60 Meter Hürden. Zwei Jahre nach einem Kreuzbandriss und einer fast einjährigen Zwangspause ist die junge Leichtathletin so gut wie nie. Den Sprintrekord holt Buri bei den Schweizer Meisterschaften der Elite in St. Gallen. Jenen über die Hürden nur wenige Tage später an den U18-Schweizer-Meisterschaften in Magglingen BE.
«Ich will meinen Weg gehen»
Strahlend erscheint Xenia Buri zum Interviewtermin, sie ist gross, 1,76 Meter, wirkt gefestigt und reif für ihre 17 Jahre. «Es ist ein unglaubliches Gefühl, dass sich die ganzen Trainings auszahlen», sagt sie zu ihrem doppelten Paukenschlag. «Ich habe es noch gar nicht realisiert.» Die Kambundji-Schwestern sind – neben Sprintstar Usain Bolt – Xenias grosse Vorbilder.
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Hin und wieder trifft sie auf die beiden, wenn sie selber in Bern trainiert. «Ich habe immer zu ihnen aufgeschaut und fand sie cool. Dass ich ihre Rekorde gebrochen habe, bedeutet mir sehr viel.» Die Schwestern hätten ihr sogar gratuliert, verrät die Nachwuchssprinterin. Zu fest will sie sich aber nicht auf Vorbilder fixieren. «Ich probiere, meinen eigenen Weg zu gehen.»
Xenia Buri lebt mit ihren Eltern Carola und Roland und der zwei Jahre älteren Schwester Michaja in Bätterkinden BE, nur ein paar Kilometer von ihrem Trainingsort in Kirchberg entfernt, in einem schmucken Einfamilienhaus. Das Haus ist liebevoll eingerichtet, kleine Holzkisten mit frischen Blumen sorgen da und dort für Gemütlichkeit.
Buris haben es vor rund zehn Jahren selbst erbaut. Xenia ist ein Familienmensch – ihre knappe Freizeit verbringt sie gern mit ihren Liebsten. Ihr Tag ist vollgepackt. Neben dem Spitzensport besucht sie ein Sportgymnasium in Bern. Ihr Weg zur Matura dauert fünf Jahre statt wie üblich vier. Dafür hat Xenia Buri mehr Zeit für ihre Leidenschaft. Sie trainiert im Kraftraum, absolviert Schnelligkeits- und Hürdentrainings, aber auch Pilates.
Den Abschluss des Tages bildet das gemeinsame Essen mit der Familie. «Es wird immer spät», erzählt Mami Carola. «Vor halb acht abends sind selten alle daheim.» Sie trägt dampfende Spaghetti auf, dazu gibt es Tomatensauce oder Pesto. Auch ein gesunder Salat darf nicht fehlen. Die Eltern teilen Xenias Freude über ihre Erfolge. Diese machen sie aber nicht stolzer. «Wir sind jeden Tag stolz auf Xenia. Ob mit oder ohne Goldmedaillen.» Eltern und Schwester unterstützen Xenias ehrgeizige Pläne, indem sie sie zu den Trainings fahren oder sie zu Wettkämpfen begleiten. Vor allem Schwester Michaja hat ein Händchen dafür, Xenia vor einem Wettkampf zu beruhigen. Die Schwestern verstehen sich blendend, Eifersucht war nie ein Thema. Michaja spielt gern Tennis und fährt Velo, Spitzensport war aber nie ein Thema für sie.
In ihrem Jugendzimmer unter den Dachschrägen lernt Xenia für die Schule. Es ist gemütlich eingerichtet, dunkle Holzdielen, ein grosses Bett mit vielen Kissen – und natürlich die opulente Medaillensammlung. Das Talent wurde Xenia Buri offenbar in die Wiege gelegt. Schon als Siebenjährige holte sie bei ihrem ersten Einsatz am UBS Kids Cup Gold. Und seither eigentlich immer. «Ausser einmal, da wurde ich Zweite», erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. «Ich habe mich schon als Kind immer gern und viel bewegt. Dass es in Richtung Spitzensport geht, merkte ich dann mit 14 oder 15 Jahren.» Mama Carola Buri ergänzt lachend: «Sie war immer sehr gut. Und wenn man gewinnt, trainiert man auch lieber.»
Auch in der Schule will Xenia abliefern. In zweieinhalb Jahren hat sie – verläuft alles nach Plan – die Matura im Sack. Dann will sie voll auf die Karte Profisport setzen. «Ich denke, es ist der Traum jedes Sportlers, Profi zu sein.» Als Profi will sie auch an die Olympischen Spiele. «2028 in Los Angeles ist vielleicht noch zu früh», sagt sie. Doch 2032 in Brisbane, Australien, will Xenia Buri am Start stehen.
Start bald bei den U20
Dass ihre Erfolge sie an die Öffentlichkeit katapultieren, freut den Teenager. «Es ist cool, dass dies dank meinen Resultaten passiert. Ich gebe gern ein Interview, ich bin das nicht gewohnt. Aber ich fühle mich geehrt.»
Nach der Indoorsaison geht es für Xenia Buri nun in den Freiluftstadien weiter. Im Sommer möchte sie am European Youth Olympic Festival in Nordmazedonien teilnehmen. Und mit der U20-Staffel würde sie gern an den Europameisterschaften in Finnland starten. Ab dem nächsten Jahr ist Xenia Buri ohnehin zu alt für die U18. Dann kann sie in der U20-Kategorie auf Rekordjagd gehen. Weiterhin in beiden Disziplinen – die Entscheidung will sie vertagen, herausfinden, was sich in den nächsten Jahren für sie besser, natürlicher, schneller anfühlt. Auch ein Studium möchte die junge Frau gern eines Tages abschliessen – vielleicht Wirtschaft. Oder Recht. So ganz sicher ist sie sich auch hier nicht. Weil sie eben beides interessiert – genau wie bei den Hürden und dem Sprint.