Neuer Weitsprung-Star Luvo Manyonga
Vom Meth-Junkie zum Überflieger

Im vergangenen August bei Olympia in Rio schlägt Luvo Manyonga (26) mit Weitsprung-Silber ein wie ein Blitz. Für den Südafrikaner ist es der Abflug aus der Drogen-Hölle.
Publiziert: 22.03.2017 um 21:13 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:17 Uhr
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In Rio sprang Luvo Manyonga zu Silber.
Foto: Getty Images
Carl Schönenberger

Wer ist Luvo Manyonga? Das haben sich in Rio sogar Leichtathletik-Insider gefragt, nachdem der Südafrikaner im Weitsprung-Final mit 8,37 m bis zum allerletzten Sprung des Wettkampfs geführt hat. Dann hat ihm Jeff Henderson (USA) Olympia-Gold noch um einen Zentimeter weggeschnappt.

Dabei hätte man das gewaltige Sprungvermögen des Jungen eigentlich kennen müssen: Als 19-Jähriger wurde er 2010 mit 7,99 m Junioren-Weltmeister, ein Jahr später flog er bei der WM der Grossen in Daegu 8,21 m weit und wurde Fünfter. Doch danach ist der Südafrikaner spurlos abgetaucht.

Spurlos? «Nein», sagt er in einem Interview mit einem britischen Journalisten vom «Guardian». Und erzählt seine tragische Familien-Geschichte. Aufgewachsen im Armen-Viertel Mbekweni, eine knappe Autostunde von Kapstadt weg. Vater John war arbeitslos, Mutter Joyce krampfte als Haushälterin bei einem Weissen für einen Hungerlohn, musste damit den Lebensunterhalt  für ihren Mann John, Sohn Luvo, Tochter Vuyiske und deren Baby bestreiten. Und dann kommt der damals 20-jährige Luvo als erfolgreicher Weitspringer nach Hause. «Für unsere Verhältnisse hatte ich mit dem Sport schon viel Geld verdient. Wenn ich in Paarl oder Stellenbosch durch die Strassen ging, riefen mich meine Kumpels in die Bars.» So sei er wie alle rundum mit der Horror-Droge Crystal Meth in Kontakt gekommen. «Ich konnte davon nicht mehr loslassen.» Schliesslich wurde Manyonga wegen des Crystal Meth als Sportler für 18 Monate gesperrt.

In dieser ausweglosen Situation hat ihn ein ebenfalls in der Szene verkehrender ehemaliger Spitzenruderer aus Irland getroffen. «Luvo hat ausgesehen wie ein Toter. Sein Körper war völlig kaputt», erzählt der Mann zum «Guardian». Er habe dem jungen Manyonga gesagt. «Es gibt für dich nur zwei Möglichkeiten: Entweder du bist mit 30 Jahren tot wegen einer Drogen-Überdosis, oder du stehst zuoberst auf dem Olympia-Podest.»

Luvo Manyonga (26) entscheidet sich fürs Zweite. Mit Hilfe des südafrikanischen Leichtathletik-Verbandes wurde er aus der Township Mbekweni ins High Perfomance Center nach Pretoria gelotst – weg von seinen Drogen-Kumpels. Das Ergebnis dieses Umzugs  kennt man: Luvo Manyonga fliegt wieder. Zu Olympiasilber in Rio und am letzten Freitag in Pretoria auf 8,62 Meter, so weit, wie seit 2009 kein anderer mehr auf der Welt. Bis Tokio 2020 will er bereit sein für den Olympia-Thron. Tokio hat für Manyonga einen speziellen Reiz. 1991 – als Luvo in Mbekweni zur Welt kam – hat Mike Powell in Japan bei der WM mit 8,95 m den noch heute gültigen Weltrekord aufgestellt. Der Südafrikaner träumt allerdings vom ersten 9-Meter-Flug der Geschichte …

Und seine Drogen-Vergangenheit? Davor fürchtet sich Luvo. Er hats seit seinem Weggang nie mehr zurück zur Familie gewagt. «Wenn mich meine alten Freunde in Mbekweni, Stellenbosch oder Paarl dort sähen, würden sie mich zurück in die Clubs zerren», befürchtet er. Ein Wiedersehen mit Mama Joyce gabs kürzlich trotzdem – Manyonga hat ihr den ersten Flug ihres Lebens nach Pretoria bezahlt. Es war eine Begegnung mit vielen Tränen.

Quelle: The Guardian

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