Die Aufregung um Morhad Amdouni ist riesig. Der französische Marathonläufer steht als der grosse Bösewicht der Olympischen Spiele da. Weil er in brütender Hitze bei der Verpflegungsstation eine ganze Reihe Wasserflaschen zu Boden warf, musste die durstige Konkurrenz hinter ihm leiden, sie ging leer aus. Amdouni beteuert, dass keine Absicht hinter der Aktion stand. Trotzdem wird er in den sozialen Netzwerken angefeindet. Es ist nicht das erste Mal, dass der 33-Jährige für negative Schlagzeilen sorgt.
Im Jahr 2019 vor der WM in Katar deckt die ARD einen wahren Krimi rund um den Europameister über 10'000 Meter auf. Die Dopingredaktion macht wegen mehrerer Verdachtsmomente Jagd auf Amdouni, der mit seiner Frau und einem kleinen Kind in der Anonymität der Pariser Agglomeration lebt.
Die TV-Reporter sprechen von auffälligen Resultaten. Amdouni tritt nur noch sehr selten an, zeigt dann aber immer starke Leistungen. Ein Indiz für Betrug, so die ARD. Ausserdem trainiert er fast ausschliesslich an abgelegenen Orten, wo Dopingfahnder nur sehr schwer hinkommen.
«Ich will mein Geld – du hast EPO gekauft»
Wochenlang trainiert er vor Ort in der Wüste. Als dann eine Interviewanfrage der ARD kommt, nimmt er Reissaus. Ausgerechnet als alle Weltstars bereits nach Doha reisen, verlässt Amdouni das Land und sagt seine WM-Teilnahme kurzfristig ab.
Der Doping-Krimi beginnt so richtig, als die Deutschen Reporter in den Besitz von WhatsApp-Chats kommen. Ein Doping-Lieferant soll ihm geschrieben haben: «Wenn ich nicht morgen mein Geld bekomme, wird dir das leid tun, und du wirst dabei der Verlierer sein, weil ich es nicht mag, wenn die Leute mich ausnutzen ... nur damit du es weisst: Du hast eine Packung EPO gekauft und du hast eine Packung Wachstumshormon!!!! Ich werde es dir noch einmal sagen, ich will mein Geld morgen, 150 Euro.» Der Verfasser der Nachrichten bestätigt eidesstattlich die Echtheit, und dass es sich beim Kontakt um Morhad Amdouni handelte.
«Die töten dich für 1000 Euro»
Die Lage spitzt sich zu. Als die ARD-Jäger nach Paris reisen, kommt es zur Konfrontation. Sie treffen Amdouni im Treppenhaus bei ihm zu Hause. Er verweigert die Aussage, meint nur aufgeregt: «Es ist einfach unglaublich, über solche Dinge zu reden, es gibt nichts dazu zu sagen.»
Kurz darauf erhält ein Informant Drohungen aus dem Umfeld Amdounis. «Du bist in deiner eigener Welt – es gibt in Frankreich Russen, Rumänen… die töten für 1000 Euro und du, du spielst damit… Eines Tages werden sich all die Athleten, denen du Böses angetan hast, gegen dich stellen…», steht in einer WhatsApp-Nachricht.
Als der Informant antwortet, dass er vor niemandem Angst habe, erhält er eine weitere Nachricht: «Ok dann arbeite doch weiter mit der Anti-Doping-Agentur zusammen wie bisher auch schon.»
Französische Polizei ermittelte
Das alles macht Amdouni nicht zu einem überführten Doping-Sünder. Auch wenn sogar die französische Polizei in seinem Fall ermittelte, konnte ihm bisher nichts nachgewiesen werden. Und er bestreitet jegliche Vorwürfe bis heute vehement.
Amdouni rannte weiter, verbesserte im Jahr 2020 mehrere französische Rekorde und trat in Tokio über 10'000 Meter (10. Platz) und im Marathon (17.) an. Doch so stark seine Leistungen sind, der Ruf ist im Eimer. Nach dem Flaschen-Vorfall in Tokio erst recht.