Endlich ist keine einzige der zehn 76 Zentimeter hohen Hürden auf der Bahnrunde für Lea Sprunger «bockig». Die langbeinige Romande hat ihre Nerven und den Rhythmus im Griff. Lea lässt sich nicht einmal von den beiden vor ihr laufenden Anna Ryschkova (Ukr) und Eilidh Doyle (Gb) verrückt machen. Doyle, mit 54,80 Sekunden als Saisonbestzeit und Ryschkova mit 54,82, – beide nur minim langsamer als die Jahres-Beste Sprunger (54,79) – schlagen zu Beginn ein hohes Tempo an, um Lea zu Fehlern zu verleiten.
Doch diesmal hat sie, wie ihre reitende Cousine Janika Sprunger, die Zügel auf der ganzen Strecke in der Hand. Als sie Mitte der zweiten Kurve mit aggressivem Schritt Gas gibt, sind Ryschkova und Doyle geschlagen. Die Zielgerade wird fast zu einer Art Schaulaufen. So locker und ungefährdet bringt Lea den Sieg ins Ziel.
«Ich wollte Gold – diesen Druck habe ich gebraucht»
Nach dem Rennen zeigt sie sich im Interview mit BLICK überglücklich: «Es war sicher kein perfektes Rennen, aber das ist egal. Ich wollte einfach gewinnen. Ich wollte Gold. Diesen Druck habe ich gebraucht.»
Und wie wird nun gefeiert? Sprunger verrät: «Ich werde sicher nicht viel schlafen diese Nacht.»
Riesen-Erleichterung, nach dem Fluch, der sie bei Titelkämpfen schon mehrmals verfolgte. 2016 in Rio das Olympia-Out im Vorlauf, 2017 bei der Hallen-EM in Belgrad als haushohe 400-m-Favoritin im Final völlig auseinander gefallen.
Doch dann kam bei der WM 2017 in London die Wende. Lea wurde Fünfte. Und jetzt legt sie nach ihrer EM-Bronze von Amsterdam vor zwei Jahren in Berlin glänzendes Gold nach.
Der Schrei der Erleichterung, den Lea in den Berliner Himmel stösst, ist nur all zu gut verständlich.