BLICK: Mujinga Kambundji, können Sie sich an die letzten Meter Ihres Bronze-Sprints erinnern?
Mujinga Kambundji: Ja. Und ich kann Ihnen sagen: Ich habe nicht gemerkt, dass mir die Viertplatzierte Angelerne Annelus noch so nahe gekommen ist (lacht). Ich habe nach rechts geschielt und im Augenwinkel noch jemanden gesehen. Aber ich war sehr auf mich konzentriert in diesem Lauf.
Und dann?
Dann habe ich gedacht: «vielleicht.» Vielleicht hat es ja gereicht. Aber ich habe schon ein paarmal «vielleicht» gedacht. Und dann wurde ich Vierte. Ich habe es zunächst wirklich nicht realisiert. Und es auch nicht zu glauben gewagt.
Bis Zeit und Rang auf dem Monitor aufleuchteten?
Ja. Und das Gefühl danach, das ist schwer in Worte zu fassen. Eine riesige Erleichterung und der Gedanke: «Oha, du hast es geschafft.» Die Medaille, die ich mir gewünscht habe, habe ich tatsächlich geholt.
Wen haben Sie danach zuerst angerufen?
Ich konnte lange nicht telefonieren. Zuerst habe ich meine Familie gesehen, die im Stadion war, meine Eltern, Tante, Onkel. Dann musste ich noch zur Dopingkontrolle, dann zur Pressekonferenz, erst dann ging es zurück ins Hotel. Und da habe ich dann meinen Freund angerufen, weil ich endlich wieder mein Handy hatte. Der war zum Glück noch wach (lacht).
Wie spät war es da?
Sicher 2 Uhr früh. Und mein Handy ist fast explodiert, als ich es eingestellt habe! Allein auf Whatsapp hatte ich 255 neue Nachrichten! Da sind dann ein paar Gruppen-Chats dabei, wo mehrere Messages aufs Mal kommen. Aber es war viel. Und schön. Und da ist Instagram gar noch nicht dabei, da ist auch richtig viel reingekommen. Nur zum Beantworten bin ich noch gar nicht gekommen. Aber das kommt noch, versprochen!
Wer meldet sich denn da?
Ach, alle möglichen Leute! Meine vielen Verwandten natürlich, meine Freunde. Aber auch Menschen, von denen ich länger nichts mehr gehört habe, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Meine Fahrlehrerin von früher zum Beispiel (lacht). Mit der habe ich ja schon fast zehn Jahre lang nichts mehr zu tun gehabt. Aber ich habe mich sehr gefreut!
Von Ihnen ist bekannt, dass Sie gerne und viel schlafen. Zu wie viel Schlaf sind Sie nach ihrem Bronze-Lauf gekommen?
Zu fast keinem leider! Im Hotel habe ich noch etwas gegessen, habe noch Physio gemacht, dann habe ich geduscht. Um halb vier lag ich vielleicht im Bett. Aber schlafen konnte ich noch lange nicht. Das System liess sich nicht so schnell runterfahren.
Was ist Ihnen da durch den Kopf gegangen?
So viel. Ich habe alles noch einmal versucht Revue passieren lassen: Die vielen netten Nachrichten, die tollen Worte, dass sich die Leute daheim in der Schweiz offensichtlich sehr mit mir freuen. Bis ich schlafen konnte, war es schon wieder hell im Hotelzimmer. Irgendwann habe ich mir überlegt, ob ich gar nicht schlafen soll. Aber ich habe dann doch noch kurz die Augen zugemacht. Aber heute (Donnerstag, d. Red.) muss ich früh ins Bett!
Es steht ja schliesslich noch die Staffel auf dem Programm.
Genau. Darum wurde auch noch nicht gefeiert. Ich habe noch nicht das Gefühl, mit dieser WM fertig zu sein. Angestossen habe ich bisher erst mit mir selbst – mit einem Proteinshake. Übers Feiern machen wir uns nach der Staffel dann Gedanken.
Hat Ihnen für den 200er-Sprint vielleicht sogar geholfen, dass Sie den 100-m-Final verpasst haben?
(lacht laut) Das werden wir nie erfahren! Vielleicht, kann sein. Manchmal passieren Dinge, von denen wir zunächst nicht wissen, wofür sie gut sind. Möglicherweise war ich darum etwas ausgeruhter. Aber ich kann das nicht sagen.
Wie fanden Sie eigentlich die umstrittenen Startblock-Kameras? Gestört haben die Sie offensichtlich nicht.
Im Startblock selber habe ich sie kaum wahrgenommen, ich habe mich auf andere Dinge konzentriert. Aber ich habe dann die Bilder gesehen.
Und?
Ich finde, es sieht ziemlich blöd aus. Ich sehe nicht ganz, welchen Mehrwert dieser Blickwinkel bieten soll. Da gäbe es andere Kameraperspektiven, die Seitenkamera zum Beispiel, mit welcher der Zuschauer mit den Sprintern mitfahren kann.
2018 war Mujinga Kambundji (27) vom Pech verfolgt. Dreimal wurde die schnellste Frau der Schweiz EM-Vierte. Ein guter Grund für BLICK, der Bernerin zu Weihnachten 2018 ein Podest zu schenken. «Ein lustiges Geschenk», sagt Kambundji heute. «Ich war ziemlich überrascht. Aber wer steht schon nicht gerne auf dem Podest?» Obs für den Bronzelauf geholfen hat? Kambundji lacht: «Vielleicht. Aber gelaufen bin ich schon selber.»
2018 war Mujinga Kambundji (27) vom Pech verfolgt. Dreimal wurde die schnellste Frau der Schweiz EM-Vierte. Ein guter Grund für BLICK, der Bernerin zu Weihnachten 2018 ein Podest zu schenken. «Ein lustiges Geschenk», sagt Kambundji heute. «Ich war ziemlich überrascht. Aber wer steht schon nicht gerne auf dem Podest?» Obs für den Bronzelauf geholfen hat? Kambundji lacht: «Vielleicht. Aber gelaufen bin ich schon selber.»