Kambundji über Freund, Image und Gleichstellung
«Ich halte meine Beziehung bewusst privat»

Die Sportlerin des Jahres Mujinga Kambundji (27) blickt auf ein ereignisreiches Jahr 2019 zurück und erklärt, wieso sie sich 2020 bei Olympia nicht zwingend zu den Medaillenkandidatinnen zählt.
Publiziert: 24.12.2019 um 00:39 Uhr
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Aktualisiert: 24.12.2019 um 09:14 Uhr
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Zeit für die Familie: Mujinga Kambundji feiert Weihnachten im Kreis ihrer Familie.
Foto: Philippe Rossier
Christian Müller

BLICK: Mujinga Kambundji, ein ohnehin schon erfolgreiches 2019 wurde noch mit Ihrer Wahl zur Sportlerin des Jahres versüsst. Wieso hat es genau dieses Jahr geklappt?
Mujinga Kambundji: Meine WM-Bronzemedaille hat wohl den Ausschlag gegeben. Das ist mein absolutes Karriere-Highlight. Ich habe schon andere Medaillen geholt, die auch historisch waren. Aber keine hat den Wert einer WM-Medaille.

Bei so einer Wahl geht es auch um Sympathie. Ist es Ihnen wichtig, wie Sie wahrgenommen werden?
Ich will ja die Schweiz gut repräsentieren und ein Vorbild für die Jungen sein. Daher spielt es schon eine Rolle, was die Leute von mir denken. Dann zu sehen, wie sie auch mitfiebern, wenn es wie im WM-Halbfinal über 100 Meter knapp nicht reicht, ist wirklich schön für mich.

Sie haben an den Sports Awards unter anderem ihrem Freund gedankt. In der Öffentlichkeit ist er bisher aber noch nicht in Erscheinung getreten.
Meine Beziehung ist etwas, was ich bewusst privat halte und nicht mit der Öffentlichkeit teilen möchte. Vielleicht nehme ich meinen Freund aber bald einmal an einen öffentlichen Anlass mit. Schliesslich will ich ihn ja nicht verstecken.

Sind Sie mit Ihrem Image als Postergirl der Leichtathletik zufrieden?
Der Aufschwung, den die Schweizer Leichtathletik in letzter Zeit geniesst, ist doch wunderbar. Dafür braucht es Vorbilder. Wenn ich die Jungen motivieren kann, bin ich auch gerne das Postergirl – auch wenn ich das nicht für immer sein kann.

Wie hat sich Ihr Leben seit WM-Bronze verändert?
Im Alltag ist vieles gleich geblieben, ausser dass mich auf der Strasse mehr Leute erkennen. Dafür sehe ich meine Karriere komplett anders: Die WM-Medaille katapultiert dich eine neue Liga. Ich habe erst später realisiert, dass nur fünf andere Schweizer (Werner Günthör, Anita Weyermann, Marcel Schelbert, André Bucher und Viktor Röthlin, Anm. d. Red.) je eine WM-Medaille geholt haben. Und das sind alles absolute Leichtathletik-Legenden. Da habe ich gecheckt, was das für eine Bedeutung hat.

Als WM-Medaillengewinnerin gehören Sie 2020 in Tokio auch zu den Kandidatinnen auf eine Olympia-Medaille.
Diese Gleichung ist leider nicht so einfach, weil das Niveau jedes Jahr komplett anders ist. Und in einer Olympia-Saison ist es besonders hoch. Dieses Jahr haben viele Läuferinnen aufgrund der späten WM Fehler in der Saisonplanung gemacht, was mir sicher in die Karten gespielt hat. Mich werden aber in Tokio mehr Leute auf der Rechnung haben als noch in Doha.

Seit wann ist Tokio in Ihrem Kopf?
Es ist schon seit Rio 2016 im Hintergrund präsent. Speziell bei langfristigen Entscheiden, wie 2017 als ich das Trainingszentrum in Mannheim verliess. Aber ganz konkret befasse ich mich erst seit Doha damit, weil ich von Grossanlass zu Grossanlass denke.

Wie sieht der Fahrplan bis Olympia aus?
Es wird ein Mix aus meinem bisherigen Programm und neuen Details sein. Der grösste Unterschied ist, dass ich die Hallensaison auslasse, um mehr Zeit für den Aufbau zu haben. Zudem haben die ständigen Reisen viel Kraft gekostet. Deshalb versuche ich, wieder mehr daheim zu sein.

Heute ist Heiligabend. Wie wird bei den Kambundjis gefeiert?
Es gibt ein ganz traditionelles Fest mit selbst gebackenen Güezis, Geschenken und Weihnachtsliedern. Aussergewöhnlich sind höchstens einige Rezepte und Lieder, die aus der afrikanischen Heimat meines Vaters stammen.

Welche Rolle spielt bei Ihnen die Religion an Weihnachten?
Meinem Vater ist Religion wichtiger als mir selbst. In die Kirche gehen wir an Weihnachten aber nicht. Bei uns stehen familiäre Werte im Vordergrund. Umso mehr, weil inzwischen nur noch die jüngste von uns vier Schwestern bei den Eltern wohnt.

Eines der grossen Themen des Jahres war die Gleichstellungs-Debatte. Wie engagiert sich die Sportlerin des Jahres für die Anliegen der Frauen?
Ich versuche, mich nicht zu fest in politische Themen einzumischen. Als Athletin habe ich sowieso eine Vorbildfunktion und versuche, Kinder für Sport zu begeistern. Wenn ich vielen Kindern, besonders auch Mädchen, die Freude am Sport mitgeben kann, ist das umso schöner.

Was bleibt bei Ihnen persönlich aus dem Jahr 2019 hängen?
Die Erfolge aus diesem Jahr haben mich sehr geprägt. Anfangs Saison war ich noch nicht in Form, da wurden viele ungeduldig und nervös. In diesen Situationen habe ich gelernt, mich nicht stressen zu lassen und meinem Umfeld zu vertrauen, auch wenn es phasenweise nicht so rosig aussieht. Denn was zählt, ist schlussendlich das Resultat am Grossanlass.

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