Am Ostersonntag ist die schnellste Schweizer Frau, Mujinga Kambundji, in Kloten ins Flugzeug gestiegen, um die Welt zu erobern. Die Sprint-Welt. Von Zürich nach Florida. Dort trainiert die 25-jährige Bernerin mit der international hochkarätigen Star-Truppe von US-Coach Rana Reider im Bradenton bei Tampa. Vorläufig für drei Wochen. Die Hallen-WM-Dritte über 60 m von Anfang März in Birmingham will in dieser kurzen Zeit «herausfinden», ob nach der Trennung von Trainer Valerij Bauer im vergangenen Herbst das neue internationale Umfeld für sie als längerfristige Lösung passt.
Als BLICK nach der ersten Woche mit Mujinga telefoniert, ist die Bernerin begeistert: «Es ist cool. Der Campus der IMG Academy ist mega gross. Ich bin zwar schon eine Woche hier, habe aber längst noch nicht alles gesehen. Besser kann ich es an keinem anderen Ort haben.» Vor allem sei es warm. «Fast immer 25 Grad oder mehr. Das liebe ich.» Anders mit der hohen Luftfeuchtigkeit von 70 bis 80 Prozent. «Daran muss ich mich noch gewöhnen. Vor allem darauf achten, dass ich genug trinke und wegen des ständigen Schwitzens den Körper mit Elektrolyten versorge.»
Und das Training? Auch das macht Mujinga Spass. «Es wimmelt auf den Anlagen nur so von Weltklasse-Athleten. Nicht bloss in unserer Gruppe um Coach Reider. Es sind noch andere Trainings-Gruppen da. Athleten, die ich schon kenne, andere muss ich noch kennenlernen. Das ergibt sich aber automatisch, weil wir uns meistens beim gemeinsamen Essen treffen. Und am Freitag hat mich Englands Sprinterin Desiree Henry gefragt, ob wir zusammen mit andern auswärts essen gehen wollen.»
Das Umfeld mit Olympiasiegern wie Christian Taylor (USA, Dreisprung) oder Weltmeisterinnen wie Dafne Schippers (Ho, 200 m) motiviert Mujinga Kambundji. «Im Unterschied zu meinen früheren Trainern legt Coach Reider grossen Wert auf ein langes, ausgedehntes Aufwärmen vor jedem Training. Ich bin schon vom Aufwärmen müde. Aber es geht allen andern in der Gruppe auch so.»
Kambundji gefällt auch, dass Reider neue Trainings-Reize setzt, «Dinge, die ich bisher nicht oder anders gemacht habe.» Sie ist überzeugt, dass sie das als Sprinterin weiterbringt – vielleicht schon bald unter 11 Sekunden über 100 m. «Der Coach sagt auch sofort, ob etwas gut war oder was ich besser machen muss.» Mujingas erster Eindruck drum: «Coach Reider respektiert mich. Und ich respektiere ihn.» Dann blickt sie auf die vergangenen Wochen und Monate zurück: «Alles habe ich bisher nicht falsch gemacht.»
Das Leben in ihrer neuen Welt Florida besteht für Mujinga nicht bloss aus Training. Im Campus der IMG Academy wohnt sie allein in ihrem eigenen Appartment. «Gleich neben an ‚residiert’ eine schwedische Weitspringerin.»
Shopping in Orlando mit Muswama
Hat sie kein Heimweh? Mujinga lacht: «Überhaupt nicht. Ich bin ja schon in meinen vier Mannheim-Jahren oft von der Familie in Bern weg gewesen.» Und am letzten Sonntag kommts in Florida gar zu einem Familien-Treffen. «Weil ich trainingsfrei hatte, bin ich von Tampa nach Orlando gefahren und habe dort meine jüngere Schwester Muswama besucht.»
Auch Muswama (22) ist Sprinterin, sie hat sich für ein Trainings-Camp der Sprintergruppe von Schweizerrekordler Alex Wilson angeschlossen. Die trainieren zur Zeit in Orlando. Das Schwestern-Treffen mit Shopping hat Mujinga und Muswama jedenfalls Spass gemacht. Papa Safuka und Mama Ruth freuen sich daheim in Bern über die Fotos, die ihnen ihre schnellen «amerikanischen» Töchter geschickt haben.