Seit rund 20 Jahren treibt die im Oktober 29 Jahre alt werdende Zürcherin Leichtathletik – ihr Leben lang im TV Unterstrass. Typisch für ihre Bescheidenheit. Zum Klub Nr. 1, dem LCZ, hat es Petra Fontanive nie gezogen, trotz besserer Infrastruktur, trotz professionellerem Trainingsbetrieb. «Meine Geschwister haben mich einst zum TVU mitgezogen. Da fühle ich mich bis heute wohl.»
Ähnlich bis vor ein paar Jahren auch ihre Leistungen – gut, aber nicht Spitze. U23-Schweizermeisterin über 100 m Hürden war bis vor der EM 2014 in Zürich ihr Highlight im Palmarès. Dann habe sie das Feuer gepackt. «Ich wollte im Letzigrund dabei sein. Aber nicht als Zuschauerin oder Volontärin – als Athletin!» Zuvor hatte ihr Kariem Husseins Coach Flavio Zberg versichert, dass sie über die Hürden-Bahnrunde das Potenzial dafür habe.
Die Zürcher Heim-EM war ein Anfang, 2015 folgte in Peking die WM, 2016 die EM in Amsterdam und Olympia in Rio – den Vorlauf hat Fontanive mit einer Ausnahme überstanden, in den Halbfinals war sie stets klar gescheitert. Auch beruflich ist Fontanive stets am Ball. Seit dem Wirtschafts-Bachelor an der Uni Zürich arbeitet sie bei einer Bank, wo sie seit 2014 das Arbeitspensum zunächst auf 80%, dann auf 60% reduzierte, um noch bessere Leistungen im Sport erzielen zu können.
Noch die Saison 2017 mit der WM in London (4. bis 13. August) und dann ist Schluss, hat sich Petra nach Rio entschieden. «Noch einmal diese spezielle Stimmung in einem grossen Stadion spüren.» Sie wolle ihre letzte Leichtathletik-Saison geniessen. «Ich setze mich selbst vor den Wettkämpfen nicht mehr so stark unter Druck.»
Voilà – für Petra wirds zum Erfolgs-Rezept! Bis vor Pfingsten hat ihre persönliche Bestmarke 56,09 Sekunden betragen. Dann hat sie in Basel am Pfingstmontag 55,12 auf die Bahn gelegt und vor zehn Tagen in Genf mit 54,56 triumphiert. Ein Sturmlauf aus dem europäischen Mittelfeld auf Rang 11 der Weltbestenliste. «Ich habe im Training schon gespürt, dass ich gut drauf bin. Aber gleich so schnell – davon habe ich nicht geträumt», sagt sie. Dabei hat sie in ihrem Umfeld kaum etwas gewechselt. Ihre Trainer sind mit Alexander Hautle und Roger Kernbach die gleichen geblieben, nur Christoph Widmer für die Hürdentechnik ist neu.
Und – bleibts für Petra immer noch ihre letzte Saison? Ihre Antwort klingt nicht mehr ganz absolut. «Mit grosser Wahrscheinlichkeit. Ich sehne mich nach mehr Zeit für meinen Freundeskreis», sagt sie. Doch vorerst steht von Freitag bis Sonntag ein weiteres Highlight an: Bei der Team-EM im finnischen Vaasa will sie über 400 m Hürden und mit der 4x400-m-Staffel für die Schweiz gleich doppelt punkten.