Dieter Baumann gab der Zahnpasta die Schuld
Die Mutter aller Doping-Ausreden feiert den 20. Geburtstag

Dieter Baumann lieferte vor 20 Jahren die frischeste Doping-Ausrede aller Zeiten. Heute zeigt er auf der Bühne sein Zahnpasta-Lachen.
Publiziert: 17.11.2019 um 15:00 Uhr
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Vor 20 Jahren steht Dieter Baumann plötzlich unter Dopingverdacht.
Foto: Blicksport
Stefan Meier

Der 17. November 1999: Dieter Baumann, als Saubermann der Leichtathletik bekannt, wird vor der Anti-Doping-Kommission des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) angehört. Der «weisse Kenianer», Olympia­sieger und Weltmeister über 5000 Meter, steht unter Dopingverdacht.

Zwei Tage später wird Baumann suspendiert, weil er im letzten ­Monat zweimal positiv auf Nandrolon getestet wurde. Baumanns Erklärung ist frischer als alles ­zuvor. Jemand habe ihm das Dopingmittel unbemerkt in seine Zahnpasta gespritzt. Die Mutter aller Ausreden ist geboren.

Andere Sünder überbieten sich mit kreativen Ausreden

Die Zahnpasta-Affäre hat nämlich eine gewisse Signalwirkung. Sie ermuntert Doper aus aller Welt, sich aus einem positiven Befund rauszuquatschen. Erwischte Sportler geben seit dem «Zahnpasta-Gate» oft Lebensmitteln (Avocados, Fruchtsaft, Whisky, Fleisch, Caramelbonbons) oder Cremen und Salben Schuld.

Andere Sünder überbieten sich mit kreativen Ausreden. So war seither schon von versehentlicher Inhalation eines explodierenden Asthmasprays die Rede. Von den Brustkrebsmedikamenten der Mutter in den Tortelloni. Oder von im Körper befindlichen Stamm­zellen des gestorbenen Zwillingsbruders. Auch die Kokain-Übertragung durch Knutschen kam schon vor. Oder die Begründung, dass die Dopingmittel für den asthmakranken Hund seien.

Doch nie mehr hat seit der Zahnpasta eine Ausflucht für so viel Wirbel gesorgt. Dabei stellte sich bald heraus, dass die Zahn­pasta-Story eventuell mehr als nur eine faule Ausrede war. Tatsächlich wurde nämlich in Baumanns Zahnpasta Nandrolon nachgewiesen.

Was mit der Zahnpasta genau war, ist unklar

Nach mehreren Einsprachen hob der DLV die Zweijahressperre von Baumann nach gut einem halben Jahr auf, weil kein dringender Tatverdacht mehr bestanden habe. Vom Welt­verband wurde der Deutsche hingegen trotzdem gesperrt.

Was mit der Zahnpasta genau war, ist bis heute unklar. Auch so hat Baumann den Fall längst überwunden. «Es ist wunderbar, wie es ist», sagte er kürzlich in einem Interview mit dem «Weser-Kurier». «Wegen dieser Zahnpasta-Geschichte ist danach vieles gar nicht möglich gewesen. Das finde ich weder positiv noch negativ. Ich habe versucht, daraus zu gestalten. Und ich finde, das ist in den letzten zehn Jahren ganz gut gelungen.»

Mittlerweile ist er als Kabarettist in Deutschland unterwegs. «Ich mache das, was mir Spass macht», sagt Baumann. Das Zahnpasta-Lachen gehört auch in sein Repertoire.

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