Die Schweiz wählt nächste Woche ihr neues Parlament. Und je nach Kanton und nach eingelegter Liste könnten National- und Ständerat sportlichen Schwung erhalten.
Die Liste von Kandidatinnen und Kandidaten mit sportlichem Hintergrund ist nicht abschliessend, aber sie ist äusserst namhaft. Sergei Aschwanden (47) holte 2008 im Judo die olympische Bronze-Medaille. Nun ist der Lausanner schon seit Jahren für die FDP im Kanton Waadt Grossrat und kandidiert einmal mehr für den Nationalrat.
Da ist Beat Cattaruzza (57), in den 80er- und 90er-Jahren Eishockey-Profi beim EHC Biel. Nun sitzt er im Grossen Rat des Kantons Bern und will für die Grünliberalen in den Nationalrat.
Kandidaten aus dem Handball, Bob und Behindertensport
Tobias Fankhauser (33) holte in seiner Handbike-Karriere an den Paralympics Silber und Bronze. Jetzt politisiert er in Basel-Land für die Grünen und kandidiert für den Nationalrat.
In Schaffhausen sitzt Severin Brüngger (45) für die FDP im Kantonsrat, jetzt steht der frühere Handball-Nationalspieler für den Nationalrat zur Wahl.
Bereits seit zwei Legislaturperioden in Bern tätig ist Marcel Dobler (43), der früher im Weltcup Bobs anschob. Er kandidiert in St. Gallen erneut für die FDP. Nicht selber auf einer Liste steht Ancillo Canepa (70), doch der FCZ-Präsident macht öffentlich Werbung für den grünen Zürcher Ständeratskandidaten Daniel Leupi (57).
Und dann ist da noch einer der schillerndsten Namen des Schweizer Sports überhaupt: Günthör. Doch es ist nicht die Kugelstoss-Legende selber, die im Kanton Bern in den Nationalrat will. Werner Günthörs Frau Nadja (58) steht bei der SVP auf der Liste. Und «Kugel-Werni» macht jetzt für seine Frau Wahlkampf. «In erster Linie bedeutet das Plakatieren und Autofahren an ihre Termine», sagt der dreifache Kugelstoss-Weltmeister und Olympia-Bronze-Gewinner zu Blick.
Werner Günthör fährt Frau Nadja in jede Ecke des Kantons
Für die Schufterei mit den Wahlplakaten könnte es kaum einen besseren Helfer als den hünenhaften Ex-Leichtathleten geben. Plakate kleben, Holzpfähle in den Boden schlagen, mit Kabelbindern hantieren. Günthör packt für seine Nadja am Strassenrand an.
Als intensiv nimmt Günthör aber vor allem die vielen Fahrten an die Auftritte seiner Frau wahr. «Da merkt man erst, wie gross der Kanton Bern eigentlich ist», sagt der gebürtige Thurgauer, dessen Frau ebenfalls aus der Ostschweiz stammt. Aber als Topsportler zog er einst wegen des vielen Trainings in Magglingen BE in die Bielerseeregion, nun leben die Günthörs seit Jahrzehnten in Erlach BE.
Seine denkwürdige Karriere erwähnt Günthör denn auch im Zusammenhang mit der Nationalratswahl. Denn dass er für seine Frau nun viel Hintergrundarbeit leistet, beruhe auf Gegenseitigkeit. «Sie hat mir früher beim Sport den Rücken freigehalten, nun mache ich es für sie», schildert der Olympionike.
Gab es am Küchentisch schon intensive Diskussionen, was ein Nationalratsmandat für das Ehepaar bedeuten würde? Werner Günthör sagt: «Sie ist bereits Grossrätin, Nadja hat Freude an der Politik und nun fanden die Partei und sie, dass es eine Wahlchance geben könnte.»
Damit es reicht, waren die beiden Thurgau-Berner die letzten Wochen viel unterwegs. Klar, dass sich die Kandidatin Günthör die Aufmerksamkeit doch immer wieder mit der Sportlegende Günthör teilen muss. Aber der Ex-Kugelstösser sagt: «Das sind wir uns gewohnt, dass vor allem die Leute über 40 mich erkennen und Selfies wollen. Doch diesmal geht es um Nadja.»