Belastende Mails aufgetaucht
Nike-Boss wusste, was Doping-Coach Salazar trieb

Er soll mit Athleten experimentiert und mit Hilfe von Medikamenten betrogen haben. Alberto Salazar, US-Trainerlegende und seit Dienstag wegen Doping-Vergehen gesperrt. Nun offenbart sich: Die Nike-Chefs haben genau gewusst, was Salazar in ihrem Auftrag trieb.
Publiziert: 02.10.2019 um 16:02 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2019 um 18:24 Uhr
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Alberto Salazar (61) ist wegen Doping-Vergehen gesperrt.
Foto: keystone-sda.ch

Für vier Jahre wird US-Coach Alberto Salazar (61) wegen Doping-Vergehen aus dem Verkehr gezogen. Der Mann, der mit seinem von Nike finanzierten «Oregon Project» den britischen Olympiasieger Mo Farah gross herausbrachte, der die neue 10'000-m-Weltmeisterin Sifan Hassan unter seinen Fittichen hat, den zweifachen Olympiamedaillen-Gewinner Galen Rupp ebenfalls. Oder das deutsche Lauf-Wunderkind Konstanze Klosterhalfen, das seit 2018 bei Salazar trainiert und sich seither massiv gesteigert hat.

Sportler offenbar nichtsahnend

Laut der US-Antidoping-Behörde Usada sollen Salazar und der ebenfalls gesperrte Mediziner Jeffrey Brown verbotene Mittel besessen, unerlaubte Infusionen gesetzt und später Verstösse zu vertuschen versucht haben. Vieles davon, ohne dass die Athleten Bescheid wussten, was genau lief. Sie seien einfach zum Arzt geschickt worden «und ihnen wurde gesagt, sie müssen auf ihn hören und ihm vertrauen», so Usada-Chef Travis Tygart zum «ZDF». 

Es ist die Bestätigung von Hinweisen und Gerüchten, die spätestens seit einer BBC-Dokumentation von 2015 öffentlich sind. «Sie müssen verstehen, die Athleten hatten wirklich keine Ahnung, was mit ihnen getrieben wurde, was ihnen gegeben wurde. Welche Dosierung, ob die Methoden verboten waren oder nicht, wussten sie gar nicht.» Offenbar seien medizinische Auswertungen von Athleten gefälscht worden. «Falsche Informationen wurden eingefügt, nachdem wir sie offiziell angefragt haben.»

Zudem habe man die Athleten als «Versuchstiere» missbraucht. «Einer Sportlerin wurde sogar gesagt, sie braucht Medikamente gegen ein Myom, obgleich sie gar kein Myom hatte. Sie haben die Sportler angelogen und ihre medizinischen Experimente im NOP an ihnen unternommen.» Zudem nutzte Salazar seine eigenen Söhne offenbar zum Austesten der Dosierungen – er rieb sie mit Testosteron-Salben ein.

Nike-Boss: «Gibts es noch andere Hormone?»

Wer darüber laut dem «Wall Street Journal» Bescheid wusste: Nike-Boss Mark Parker. In den Dokumenten der US-Antidoping-Behörde finden sich dem Bericht zufolge E-Mails, die zeigen, dass der CEO des Sportartikel-Giganten über die Machenschaften von Salazar und Brown auf dem Laufenden gehalten worden sei. Zum Beispiel gibt es Mails, die zeigen, wie Brown Parker über seine Testosteron-Experimente zur richtigen Dosierung des Hormons aufdatierte, um einen positiven Dopingtest zu vermeiden. Parker bedankte sich und fragte: «Gibt es andere Hormone, die noch dramatischere Effekte haben?»

Tygart: «Ich hoffe, Nike sieht das jetzt als einen Wake-up-Call. Sie dürfen keine Ausreden mehr finden, sie müssen zugeben, dass Experimente an Sportlern in ihrem Namen und auf ihrem Gelände vorgenommen wurden und dass das einfach falsch war.»

Salazar und Brown wollen gegen die Sperre rekurrieren, dabei sollen sie auch von Nike unterstützt werden.

Für eine Reihe von Athleten stellen sich nun eine Reihe unangenehmer Fragen: Zum Beispiel für die Deutsche Klosterhalfen, die am Mittwochnachmittag ihren ersten WM-Einsatz hat und die sich in einem ersten Statement «schockiert» zeigte. Obwohl auch ihr die BBC-Enthüllungen vor Jahren nicht entgangen sein dürften.

Doping-Jäger König: Nike-Verhalten «sehr verwunderlich»

Die Doping-Sperre gegen Nike-Coach Alberto Salazar (61) lässt auch den höchsten Schweizer Dopingjäger nicht kalt. Die Tatsache, dass mit dem Sportartikel-Giganten einer der ganz grossen Akteure im Weltsport offenbar aktiv mitgeholfen hat, die Anti-Doping-Behörden zu täuschen, gibt Ernst König zu denken.

«Das ist sehr verwunderlich», sagt der Direktor von Antidoping Schweiz zu BLICK. «Ich staune darüber, wie sich Nike auch nach dem Urteil noch hinter Salazar stellt und ihn bei seinem Rekurs unterstützen will. Da ist man offensichtlich schon sehr stark mit Salazar und seinen Praktiken verbandelt.»

Grundsätzlich sei es ein «sehr schlechtes Signal, dass Nike sich nicht von Salazar distanziert. Es vermittelt, dass die ganze Sache doch gar nicht so schlimm» sei. «Das zeugt von einer Kultur, in der Gewinnen wichtiger ist als die Gesundheit der Athleten.»

Für König zeigt der Fall aber auch, in welche Richtung Doping-Ermittlungen in Zukunft gehen müssen. «Die Usada hat Salazar überführt, ohne dass es einen positiven Doping-Test gab. Athleten haben ausgesagt, man hat ermittelt. Das ist häufig die aussichtsreichere Methode, um Doping-Sünder und ihre Hintermänner zu entlarven.»

Die Doping-Sperre gegen Nike-Coach Alberto Salazar (61) lässt auch den höchsten Schweizer Dopingjäger nicht kalt. Die Tatsache, dass mit dem Sportartikel-Giganten einer der ganz grossen Akteure im Weltsport offenbar aktiv mitgeholfen hat, die Anti-Doping-Behörden zu täuschen, gibt Ernst König zu denken.

«Das ist sehr verwunderlich», sagt der Direktor von Antidoping Schweiz zu BLICK. «Ich staune darüber, wie sich Nike auch nach dem Urteil noch hinter Salazar stellt und ihn bei seinem Rekurs unterstützen will. Da ist man offensichtlich schon sehr stark mit Salazar und seinen Praktiken verbandelt.»

Grundsätzlich sei es ein «sehr schlechtes Signal, dass Nike sich nicht von Salazar distanziert. Es vermittelt, dass die ganze Sache doch gar nicht so schlimm» sei. «Das zeugt von einer Kultur, in der Gewinnen wichtiger ist als die Gesundheit der Athleten.»

Für König zeigt der Fall aber auch, in welche Richtung Doping-Ermittlungen in Zukunft gehen müssen. «Die Usada hat Salazar überführt, ohne dass es einen positiven Doping-Test gab. Athleten haben ausgesagt, man hat ermittelt. Das ist häufig die aussichtsreichere Methode, um Doping-Sünder und ihre Hintermänner zu entlarven.»

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