Sind Marcel Hugs Kräfte grenzenlos? Bei den Paralympics in Rio absolviert er ein Mamut-Programm: Silber über 1500 und 5000 m – Gold im 800er und im Marathon. Erst am letzten Sonntag hat er die längste Distanz im Zielsprint gewonnen. Ab in den Flieger. Zurück aus Brasilien in die Schweiz. Medien-Termine am Sempachersee. Keine Zeit für Jetlag. Weiter nach Berlin.
Heute Vormittag ab 9 Uhr rast er bereits wieder durch die Strassen der deutschen Metropole. Auf der schnellsten Marathonstrecke der Welt. Auf dem Kurs, wo sein Landsmann Heinz Frei 1997 mit 1:20:14 Stunden den bis heute gültigen Weltrekord gefahren hat. Auch der 58-jährige Frei hat seinem Körper kaum Rio-Erholung gegönnt. Auch der Solothurner Oldie rollt in Berlin ganz vorne mit.
Wie bei den Paralympics heisst der Sieger auch in Berlin Marcel Hug. Mit 1:29:51 Stunden gewinnt er den Sprint. Erstaunlich – auch Heinz Frei hält mit der Siebner-Spitzengruppe mit, wird am Schluss Fünfter, büsst auf den halb so alten Hug gerade drei Sekunden ein. Grossartig!
Während sich Hug bei den Paralympics mit dem symbolischen Wert von Medaillen begnügen musste, wird er in Berlin für seinen Exploit mit Barem belohnt. Der Rolli-Sieger kassiert zwar nicht ganz so viel wie die «schnellsten Fussgänger» – 40000 Euro –, aber dem Rollstuhl-Profi bleibt dennoch ein schöner Lohn für seine starke Saison.
Um die «Fussgänger-Prämie» liefern sich Kenenisa Bekele (Äth) und Wilson Kipsang (Ken) den spannendsten Fight, den man bei einem Marathon auf allerhöchstem Niveau je gesehen hat. 38 Kilometer lang sind sie auf Weltrekord-Kurs – also unterwegs, die zwei Jahre alten 2:02:57 Stunden von Dennis Kimetto (Ken) zu knacken.
Dann gehts dem Duo plötzlich auch um den Sieg. Bekele und Kipsang taktieren zwei Kilometer lang, nehmen Tempo raus. Und als dann 5000- und 10000-m-Weltrekordler Kenenisa Bekele 1,8 Kilometer vor dem Ziel den entscheidenden Angriff setzt, ist es für einen neuen Marathon-Weltrekord ganz knapp zu spät. 2:49 Minuten für den 41. Kilometer und 2:47 Minuten für den 42. reichen nicht. Mit 2:03:03 Stunden für Bekele und 2:03:13 für Kipsang schaffen sie dennoch die zweit- und viertbeste je gelaufene Zeit.
«Ich bin schon glücklich, dass ich gewonnen und Haile Gebrselassies äthiopischen Rekord gebrochen habe», sagt Bekele im Ziel. «Aber ich bin halt auch traurig, dass es für den Weltrekord so knapp nicht gereicht hat.» Die fehlenden 7 Sekunden kosten ihn zusätzliche 50000 Euros – das wäre die Weltrekord-Prämie gewesen.