BLICK: Asafa Powell, eine Freude, Sie wieder einmal in der Schweiz zu treffen. Aber was zum Teufel führt Sie nach Zofingen?
Asafa Powell: Ich bin auf dem Weg zum internationalen Meeting in Bellinzona. Und da mache ich für die Organisatoren und die Sponsoren am Freitagnachmittag bevor die Schweizermeisterschaften beginnen ein Kindertraining in Zofingen.
Ich habe von Ihnen in dieser Freiluftsaison noch kein 100-m-Resultat gesehen. Haben Sie sich etwa als Athlet verabschiedet und sind bloss noch Trainer?
(lacht) Nein, überhaupt nicht. Ich will in Bellinzona am Mittwoch meinen ersten 100er laufen. Ich hatte in den letzten Monaten viele kleinere Verletzungen und wollte mir im Training so lange Zeit lassen, bis ich 100 Prozent fit und gut in Form bin. Jetzt fühle ich mich für Wettkämpfe bereit.
Sie werden im November 36 Jahre alt. Da könnten Sie doch aufhören.
Nein, ich fühle mich immer noch jung. Das Training macht mir noch Spass. Ich sehe mich wie ein altes schnelles Auto. Zu einem Oldtimer muss man Sorge tragen, da darf man nicht mehr immer Vollgas geben.
Sie haben zwischen 2005 und 2007 den 100-m-Weltrekord in vier Tranchen auf 9,74 Sekunden verbessert. Den hat zwar Usain Bolt weggefegt – dafür sind ihre 97 Hundert-Meter-Sprints unter 10 Sekunden ein Weltrekord für die Ewigkeit. Wollen sie diese Zahl noch auf 100 steigern?
Wollen schon – aber ob ich das noch kann ist eine andere Frage. Wenn ich aber fit bleibe, könnte ich das schon noch schaffen. Ich will ja sicher bis zur WM 2019 weiter sprinten. Das Training macht mir immer noch Spass. Und nach einer harten Session sehen auch die jungen Sprinter gleich alt und kaputt aus wie ich.
Hier trainieren Sie mit Kindern. Sieht man Sie in Zukunft als Sprint-Coach?
Eher nicht. Ich bin in meinem Leben genug um die Welt geflogen, will das als Coach von Top-Sprintern nicht wieder tun. Aber vielleicht bin ich einmal der Coach meiner Kinder.
Sie haben Kinder und eine Frau?
Nein, verheiratet bin ich – noch – nicht. Aber ich habe eine 5-jährige Tochter Avani und einen 4-jährigen Sohn Liam. Beide lieben Leichtathletik, den Sprint. Als Coach würde ich Liam pushen – Tochter Avani eher nicht.
Weshalb diese unterschiedliche Behandlung?
Ich finde, Mädchen können selbst entscheiden, was sie wollen. Buben dagegen muss man fordern, damit sie nicht faul werden und auf dumme Gedanken kommen.
Ihr Landsmann, Wundersprinter Usain Bolt ist abgetreten. Vermissen Sie ihn, vermisst ihn Jamaika?
Ja, wir waren zwar Rivalen. Aber Usain hat mich immer angetrieben. Davon habe ich profitiert. Und Jamaika vermisst ihn erst recht. Auf unserem jungen Super-Talent Christopher Taylor lastet jetzt ein riesiger Druck. Alle erwarten, dass er bald in Usains Fussstapfen tritt. Er ist allerdings kein 100- und 200-Meter-Sprinter, sondern stark über 200 und 400.
Usain ist bekannt für seine wilden Partys. Sind auch Sie ein Party-Löwe?
Ich – in meinem Alter? Ich – der Oldtimer? (lacht) Klar, ich liebe Partys. Aber nicht überall und immer. Während Usain dabei immer im Mittelpunkt steht, sitze ich bei den Partys lieber im Hintergrund und beobachte, was abgeht. Das macht mir Spass.
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Asafa Powell, am 23. November 1982 in Jamaika geboren. Seine Mutter und sein Vater sind beide Pastoren. Asafa ist der jüngste von 6 Söhnen. 2001 wurde erstmals jamaikanischer Juniorenmeister über 100 m. Im Alter von 21 Jahren und 202 Tagen lief er 2004 die 100 m in Athen erstmals unter 10 Sekunden (9,99). Usain Bolt hat das erst mit 21 Jahren und 256 Tagen geschafft. Powell liess bis 2016 weitere 96 Unter-10-Sprints folgen. Zwischen 2005 und 2007 lief Powell vier 100-m-Weltrekorde – dreimal 9,77, einmal 9,74. Während Bolt danach als Weltrekordler regierte, steigerte sich Powell noch auf 9,72 Sekunden. Bei Olympia oder WM scheiterte er immer an seinen Nerven. Mit Jamaikas Staffel holte Powell 2016 Olympia-Gold, 2009 und 2015 den WM-Titel.