Unter dem Hashtag #SpeakingOut kommen momentan heftige Missbrauchsfälle in der Wrestling-Welt ans Licht. Über 50 Frauen haben sich bereits geöffnet und ihre persönlichen Geschichten auf Twitter erzählt. Ausgelöst wurde die Aktion von einer Ex-Freundin von US-Wrestler Max Barsky (im Ring als David Starr bekannt). «Du vergewaltigst Frauen und treibst sie anschliessend in den Wahnsinn», lauten die Vorwürfe an den 29-Jährigen.
Auch Wrestler Keith Lee (35) hat sich dazu entschlossen, seine Geschichte zu teilen. Der 145-Kilo-Mann will der Menschheit klarmachen, dass jedermann Opfer eines sexuellen Übergriffs werden kann und man damit nicht alleine ist.
«Sie machte sich den ganzen Abend an mich ran»
Alles begann in einer Bar in Dallas, Texas. «Das genaue Jahr kann ich nicht sagen, da in meinem Kopf immer noch alles verschwommen ist. Vielleicht passierte es 2016 oder 2017», so Lee. Der aktuelle Titelträger der NXT North American Championship war alleine dort, als ihn eine junge Frau ansprach. «Wir haben über die Schönheit von Büchern und Musik geredet und über das Leben philosophiert. Wir führten ein sehr angenehmes Gespräch.»
Als die Frau offensichtliches Interesse an ihm zeigt, lehnt Lee, der zu dieser Zeit in einer Beziehung war, jegliche Annäherungsversuche ab. «Sie war enttäuscht, aber immer noch nett. Doch den ganzen Abend machte sie sich an mich ran und erzählte mir, was sie alles mit mir anstellen will.» Genug für den heute 35-Jährigen. «Ich sagte ihr, dass ich ihre Gesellschaft genossen habe, diese Konversation aber nun beendet ist.»
Als Entschuldigung offeriert der Wrestler ihr noch einen Drink, bevor er sich verabschieden und auf die Toilette gehen würde. Die Frau lehnt das Angebot ab und überredet Lee, dass sie in dieser Zeit Drinks holen würde. Lee kehrt zurück. Und von da an gings bergab.
«Ich wachte nackt in einem Hotelzimmer auf»
Lee erinnert sich kaum noch an etwas. «Ich hatte Mühe zu gehen und stolperte zu einem Auto. Und danach … Ich wachte nackt in einem Hotelzimmer auf. Ich war verwirrt und in Panik.» Zu seinem Glück hatte der Amerikaner Wertsachen wie sein Portemonnaie und Handy noch bei sich. «Aber wer weiss, was ich alles verloren habe.»
Bis heute versuche Lee, den Vorfall zu vergessen. Nun bringt er die Geschichte an die Öffentlichkeit «Ich will, dass die Leute endlich verstehen: Jeder kann ein Opfer sein. JEDER.»
Unter dem Tweet finden sich zahlreiche positive Rückmeldungen. So schreibt zum Beispiel die Wrestlerin Mia Yim: «Ich liebe dich. Ich bin stolz auf dich.» Ein User findet jedoch, Lees Geschichte gehöre nicht unter den Hashtag #SpeakingOut. «Alle, die ihre Geschichte erzählen, gingen durch die Hölle. Dieser Typ nicht.» Darauf antwortet Lee höchstpersönlich: «Suchst du die Details? Ich wurde unter Drogen gesetzt und vergewaltigt. Ein Übergriff ist ein Übergriff.»
Die Wrestling-Szene steht seit der «#SpeakingOut»-Bewegung massiv unter Druck. Die WWE kündigte an, Wrestler zu suspendieren, die aufgrund von Missbrauchsvorwürfen festgenommen werden. Dafür brauchts weiterhin mutige Opfer wie Lee, die ihre Geschichte öffentlich machen. (red)