Kampfsportarten stehen in der Schweiz nicht besonders hoch im Kurs. Abgesehen von den Schwingern kämpfen die meisten hierzulande vor eher kleinen Rängen. Doch das hält den Ringer Damian von Euw (25) keineswegs ab, für seinen Sport einen unheimlichen Aufwand zu betreiben. Dazu gehört unter anderem, Trainingspartner aus dem Ausland zu sich nach Hause in die Innerschweiz einzuladen. Doch dazu später mehr.
Von Euw ist Ringer im Griechisch-Römischen Stil, auch Greco genannt. Das bedeutet, dass er nur den Oberkörper seines Gegners angreifen darf, im Gegensatz zum Freistil, wo auch Attacken auf die Beine erlaubt sind. Im Moment kämpft er um einen Platz bei den Olympischen Spielen nächsten Sommer in Paris. Im Ringen ist das einfacher gesagt als getan. Gerade mal 16 Startplätze gibt es in von Euws Gewichtsklasse. Um sich zu qualifizieren, muss er entweder beim entscheidenden europäischen Turnier ins Finale vorstossen oder beim letzten weltweiten Quali-Turnier auf dem Podest stehen.
Lieber Ringen als Schwingen
Dass von Euw Ringer wurde, hat er seinem jüngeren Bruder zu verdanken, der zuerst mit dem Sport angefangen hat. Gleichzeitig schnupperte der in Brunnen SZ beheimatete Kampfsportler auch in einige Schwingertrainings hinein, liess es aber bald wieder sein mit dem Nationalsport. «Die ganze Zeit den Mund voller Sägemehl zu haben, das war gar nicht mein Ding. Und ich war viel zu leicht, als elfjähriger Bub mit 40 Kilo warteten Gegner auf mich, die doppelt so viel auf die Waage brachten», erzählt der Ringer, der mittlerweile über 90 Kilogramm wiegt.
Die Erfolgsaussichten auf eine Schwingerkarriere waren also schnell begraben. Und auch auf der Ringermatte sah es anfangs nicht allzu vielversprechend aus. «Mein Bruder hatte viel mehr Talent als ich. Bei meinem ersten Wettkampf wurde ich Letzter, beim zweiten Wettkampf Zweitletzter.» Doch diese kleine Steigerung war genug, um den Ehrgeiz des Brunners anzufachen, weiterzumachen, besser zu werden. Über Jahre hinweg. Nach seiner Lehre als Kaufmann setzte er alles auf eine Karte – und wurde Spitzensportler. Ein Weg, der mit grossem Risiko behaftet ist.
Schwierige Finanzen, fehlende Trainingspartner
Die Sponsorensuche in einer derartigen Nischensportart gestaltet sich schwierig. Finanzielle Unterstützung erhält der Spitzensport-Rekrut unter anderem von der Armee, dem Kanton SZ, der Sporthilfe oder dem eigenen Supporterverein. Grosse Sprünge lassen sich damit nicht machen, das meiste Geld fliesst direkt in den Sport. Aber Von Euw will nicht jammern. «Mich hat ja niemand gezwungen, Ringer zu werden.»
Eine weitere Schwierigkeit ist der Mangel an ebenbürtigen Sparringpartnern. Vor dem Krieg trainierte von Euw regelmässig in der Ukraine und in Russland, überlegte sich sogar, nach Moskau zu ziehen. Dort hat Ringen einen ganz anderen Stellenwert als in der Schweiz. Doch Putins Einmarsch in die Ukraine liessen diese Pläne platzen. Zwar gibt es nach wie vor Trainingslager in Russland. Die Anreise ist aber mit grossen Kosten und hohem Aufwand verbunden. «Darum versuche ich nun regelmässig Ringer aus dem Ausland in die Schweiz zu holen, damit wir mit- und gegeneinander trainieren können».
Gute Freunde sind mögliche Gegner
Manchmal bleiben diese Athleten zwei Wochen, manchmal zwei Monate in der Schweiz. Aktuell ist der Serbe Sasha Komarov, mehrfacher Juniorenweltmeister, bei von Euw untergebracht. Er spricht weder Deutsch noch Englisch, sondern kommuniziert mit dem Schwyzer auf Russisch. Fast den ganzen Tag verbringen die beiden Sportler zusammen, vom Frühstück über die beiden Trainingseinheiten bis zum Abendessen. «Darum lade ich nur Leute ein, die ich bereits kenne. Es muss auch neben der Trainingsmatte passen.» So seien schon viele gute Freundschaften entstanden.
Sportlich sei es die einzige Möglichkeit, weiterzukommen. Ganz günstig ist diese Trainingsmethode allerdings nicht. Von Euw organisiert und bezahlt Anreise, Kost und Logis für die ausländischen Ringer. Auch könnte es sein, dass die beiden in der anstehenden Olympia-Qualifikation gegeneinander antreten werden. Ein Nachteil? «Nein, nein, dann wissen wir wenigstens, was der jeweils andere so draufhat!»