Dieser Typ hat Nerven! Alle zwei Stunden muss Francesco Margiotta (23) aus seiner Wohnung, um unten auf der Strasse die Parkuhr zu füttern, damit er keine Busse für seinen BMW kriegt!
Warum denn das? «Weil meine Aufenthaltsbewilligung noch nicht eingetroffen ist, kann mir die Verwaltung keinen Parkschein ausstellen. In der Schweiz dauert Papierkram etwas länger als in Italien, wo nicht so genau kontrolliert wird», sagt der Lausanne-Stürmer.
Alltagsprobleme in der Fremde, die der Italiener nicht kennt. Woher auch? Zum ersten Mal spielt er im Ausland. Zum ersten Mal ist er weg aus Italien. Nicht zum ersten Mal allerdings weg von der Familie. Weg von seinem kleinen Pincher-Chihuahua-Mischling Ronny. Ganz im Gegenteil: Margiotta hat eine Odysee hinter sich.
Der Grund dafür hat einen klingenden Namen: Juventus Turin. Italiens Krösus und Rekordmeister. «Ich bin seit 13 Jahren im Dienst von Juventus. Es gibt nichts Grösseres, als für diesen Klub spielen zu dürfen, wenn man in Turin aufwächst. Schon bei den Junioren wird einem die Siegermentalität eingeimpft. Man muss entsprechend auftreten. Bevor man das Trainingsgelände betritt, muss man die Ohrringe rausnehmen. Für Rote Karten wegen einer Eskapade gibt es horrende Bussen. Disziplin ist extrem wichtig.»
«Hier ist alles so teuer»
Es gibt nur ein Problem als Talent bei der alten Dame: «Wer bei Juve unterschreibt, weiss, dass er viel ausgeliehen wird. Es reicht nicht, nur gut zu sein. Man muss sehr, sehr gut sein, um es zu schaffen.»
Margiotta reichte es bisher nicht. Immer wieder wird er ausgeliehen. «Der Klub schlug mir jeweils die beste Option vor, ich entschied mich aber immer für eine andere – und lag nie gut. Diesen Sommer empfahl mir Juve Lausanne. Eine Chance, um erstmals in der höchsten Liga und im Ausland zu spielen. Ich habe endlich auf die alte Dame gehört», erklärt er schmunzelnd.
Es hat sich gelohnt! Margiotta mischt mit Lausanne unsere Liga auf. Steht auf Rang zwei. Träumt von Europa. Sechs Tore, vier Assists in 10 Spielen. Margiotta hat so oft getroffen wie Basels Seydou Doumbia. «Dass ich gleich viele Tore geschossen habe wie der Ex-Römer, macht vor allem meine Mutter stolz, die ein riesiger Roma-Fan ist», verrät Margiotta.
Das Juve-Juwel ist für Lausanne Gold wert! Sieht auch Juve-Scout Claudio Chiellini (Bruder von Verteidiger Giorgio), der schon dreimal vor Ort war und in Kontakt mit Coach Celestini steht. Dem Baumeister des Lausanne-Höhenflugs. «Das Team und der Klub sind super, die Stimmung gut. Wir dürfen vor dem Spiel sogar Musik hören – in Italien unvorstellbar», schwärmt der Stürmer. Die gute Stimmung beflügelt. «Suchte ich früher Entschuldigungen für meine Fehler, übernehme ich jetzt Verantwortung, mache den Defensivsprint, den ich zuvor aus Bequemlichkeit ausliess», gesteht er.
Ob er im Sommer wieder weiter muss? «Die Hoffnung, eines Tages für Juve zu spielen, ist immer da. Aber ich fühle mich in Lausanne endlich bei einem Klub wieder zu Hause und wohl. Gewöhnungsbedürftig in der Schweiz ist eigentlich nur, dass hier alles so unglaublich teuer ist.»
Zum Beispiel Parkbussen.