Es ist gerade Mittagspause im Schulhaus Fraumatt in Liestal BL. Nesrin Simsik (16) ist zwar schon seit einiger Zeit nicht mehr an dieser Schule, trifft uns aber dennoch hier, wo alles begann. In der Turnhalle von eben dieser Schule. Mit acht Jahren nahm ihre Schwester sie zum ersten Mal zum Champions-Projekt mit.
Die Idee vom Champions-Projekt der Laureus-Stiftung ist, dass man gemeinsam Schulaufgaben löst. Seien das Hausaufgaben, Vorbereitungen für einen Test oder ein Referat. Die Kinder der Unterstufen können Aufgaben aus jedem Schulfach mitbringen und werden beim Lösen unterstützt. Anschliessend wird polysportiv zusammen Sport gemacht. Ganz nach dem Motto: zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. «Die Jungs wollten sowieso immer nur Fussball spielen», sagt Simsik lachend. Das Projekt gibt es mittlerweile an circa 30 Standorten in der Schweiz, und es wird von der Laureus Stiftung unterstützt.
Sport und Ufzgi kombiniert
Ins Leben gerufen hat die Kombination von Hausaufgaben, einem gesunden Zvieri und Sport Michele Salvatore (51). «Ich habe damals auf dem Pausenplatz Migrantenkinder gesehen, die Fussball spielten. Sie haben sich jeweils immer auswechseln lassen, und wenn sie gerade nicht auf dem Feld waren, haben sie Ufzgi gemacht.» Als Salvatore das sah, kam ihm die Idee zu seinem Projekt.
Er wollte ein Angebot schaffen, das Kindern hilft, Chancengleichheit schafft und gratis ist. Vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund bietet dieses Angebot eine Möglichkeit, Hilfe bei Schulaufgaben zu bekommen. «Wir sehen zum Teil Leistungsverbesserungen von einer ganzen Note», sagt Salvatore. Doch nicht nur Kindern kommt das Angebot zugute.
Jugendliche und Kinder profitieren
«In der 8. Klasse kamen Sie zu uns und fragten, ob wir arbeiten möchten», erzählt Simsik. «Als Junior Coaches kann man sich etwas dazuverdienen und dabei jüngeren Kindern helfen.» Die 16-Jährige blieb dem Projekt also treu und übernahm die Aufgabe, Kindern bei ihren Ufzgi zu helfen.
Denn um den Jungs und Mädchen die Sachen zu erklären, die sie nicht verstehen, sind nicht etwa Lehrer, sondern ältere Schüler der gleichen Schule vor Ort. «Um die Stelle als Junior Coach zu bekommen, müssen die Jugendlichen eine Bewerbung einschicken. Das zwingt sie, sich zum ersten Mal für eine Stelle zu bewerben», erklärt Salvatore. So profitieren die jüngeren, denen bei Schulaufgaben geholfen wird, und die älteren, die bei späteren Bewerbungen schon eine Arbeitsbestätigung beilegen und sich ein Sackgeld dazuverdienen können.
Auch Simsik sagt, sie habe dank des Arbeitszeugnisses ihre Lehrstelle als medizinische Praxisassistentin bekommen. Da ihre Chefin Kinderärztin ist, war es sehr wichtig, sozial zu wirken, und auch gut, mit Kindern auszukommen. «Da konnte ich eben nachweisen, dass ich mich schon sozial engagiert habe und dass ich gut mit Kindern arbeiten kann.»
Lehrstelle dank sozialem Engagement
So wie Simsik geht es auch vielen anderen. «Ich bekomme oft Anrufe von Schülern, die mir danken und sagen, sie hätten dank mir und meinem Projekt eine Lehrstelle bekommen», erzählt Salvatore. «Ich sage diesen Jugendlichen dann immer, dass ich nicht der Grund für ihren Erfolg bin. Sie sind es, die sich engagiert haben. Sie verdienen deshalb auch diese Chancen in der Berufswelt.»