Wenn Andy Schmid dieses Wochenende in seine elfte Bundesliga-Saison startet, betritt der Schweizer Ausnahme-Handballer Neuland. Erstmals wird der Regisseur der Rhein-Neckar Löwen vor leeren Rängen zu einem Ligaspiel in die heimische SAP-Arena einlaufen. Die Hallen-Betreiber konnten nicht mehr rechtzeitig auf die vom Bundesland Baden-Württemberg geänderten Corona-Auflagen reagieren. Bis Ende Oktober dürfen dann 20 Prozent der 13'200 Plätze besetzt werden, ehe die Schutzmassnahmen dem Verlauf der Pandemie angepasst werden.
Neu ist für Schmid aber nicht nur die Kulisse, sondern auch ein gewichtiger Teil der Teamkollegen. Nach der durchwachsenen letzten Saison haben die Löwen-Bosse reagiert und dem fünffachen MVP frische Rückraum-Waffen an die Seite gestellt: Vom Meister aus Kiel kam der Schwede Lukas Nilsson, aus Magdeburg dessen Landsmann Albin Lagergren und aus Hannover der Este Mait Patrail. «Wir haben definitiv an Qualität dazugewonnen und können wieder ganz vorne angreifen», sagt Schmid.
Löwen in der Verfolger-Rolle
Liegt also nach 2016 und 2017 sogar ein dritter Meistertitel drin? «An Kiel wird kaum ein Weg vorbeiführen», prognostiziert Schmid. Die «Zebras» haben ihre Meistermannschaft mit Sander Sagosen von PSG noch einmal aufgewertet. Der 25-jährige Norweger gilt aktuell als bester Handballer der Welt.
Ob Schmid und Co. die Kieler ärgern können, wird auch von Verletzungen abhängen. Denn die Belastung ist mörderisch: Bis Ende Jahr stehen für die Löwen nur englische Wochen auf dem Programm. Kommt hinzu, dass sich die Körper nach der viermonatigen Corona-Pause erst wieder an die handballspezifischen Bewegungen gewöhnen mussten. «Das ist nicht wie in der Wirtschaft, wo die Maschinen einfach wieder hochgefahren werden», sagt der 37-Jährige.
Schmid hat die Pause genutzt, um sich einem anderen Projekt zu widmen: Zusammen mit seinem norwegischen Ex-Mitspieler und Kumpel Bjarte Myrhol hat er Handball-Trainingspläne für Kinder zusammengestellt. In der App «Learn Handball» bekommen Nachwuchstrainer 500 verschiedene Übungen vorgezeigt – und dies von den besten Handballern der Welt.
«Denke fast wie ein Coach»
Bereitet Schmid damit bereits seine Zeit nach der Spieler-Karriere vor? «Ich würde mich sicher gerne mal als Trainer versuchen. Ich ertappe mich jetzt schon dabei, dass ich fast mehr wie ein Coach denn wie ein Spieler denke.» Noch stehen Schmid aber mindestens zwei Saisons als Spieler der Rhein-Neckar Löwen bevor.