Nach zuletzt mageren Jahren sollen beim Traditionsklub St. Otmar St. Gallen endlich wieder rosige Zeiten anbrechen. Zu diesem Zweck wurde mit dem zweifachen Europameister (2008, 2012) Bo Spellerberg ein grosser Name verpflichtet.
Der 39-jährige Däne geniesst sofort volle Handlungsfreiheit: So wurde der bisherige Otmar-Trainer Vedran Banic nur ein halbes Jahr nach seiner Vertragsverlängerung bereits wieder abgesetzt und Spellerberg als Spielertrainer engagiert.
Ein Konzept, dass seit dem letzten Otmar-Meistertitel 2001 unter dem Schweden Robert Hedin offenbar immer noch in der Kreuzbleiche-Halle herumschwirrt.
Spellerberg hadert mit Halbprofi-Betrieb
Dabei sind Spielertrainer im heutigen Handball eigentlich nicht mehr en vogue. Das Spiel ist zu schnell und die Anforderungen an Spieler sowie Trainer zu gross geworden, als dass man die beiden Rollen unter einen Hut packen könnte. Spellerberg ist sich dieser Problematik bewusst. «Gewisse Details und Fehler werde ich nicht erkennen, wenn ich selber spiele», sagt er. «Ich muss im Team eine Struktur aufbauen, in der jeder seine Aufgaben genau kennt. Wenn diese Abläufe einmal sitzen, bedarf es während einer Partie nur noch kleiner Veränderungen.»
Trainer Spellerberg plant hauptsächlich im Angriff mit dem Spieler Spellerberg. In der Deckung will er seinen Platz wann immer möglich dem neu verpflichteten Abwehrchef Frédéric Wüstner überlassen.
Schwieriger als sein persönlicher Rollenwechsel fällt dem Vollprofi die Gewöhnung an den Halbprofi-Betrieb in St. Gallen. «Es ist schon gut, wenn die Spieler nebenher noch etwas arbeiten oder studieren. Aber Handball muss immer an erster Stelle kommen», fordert der 245-fache Nationalspieler. Eine vollständige Regeneration sei nach einem vollen Arbeitstag und einem Training gar nicht möglich.
Neue Anspielzeiten in St. Gallen?
Aus diesem Grund hat Spellerberg als erste Massnahme zwei Einheiten vom Abend auf die Mittagszeit verlegt. Selbst den in St. Gallen fast schon heiligen Heimspiel-Termin am Sonntagabend möchte der Däne zur Diskussion stellen. Klub-Bosse mit alten und ein Spielertrainer mit neuen Ideen – das Erfolgsrezept in St. Gallen?
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Die weiteren Top-Neuzugänge des Sommers
Zarko Sesum (32), Kadetten Schaffhausen
Dem Liga-Krösus gelingt mit dem serbischen Vize-Europameister von 2012 ein Königs-Transfer. Sesum war zuletzt eine echte Grösse bei den Bundesliga-Klubs Rhein-Neckar Löwen und Frisch Auf Göppingen. Er wird die Abwehr stabilisieren und kann im Rückraum die ideale Ergänzung zu Regissuer Gabor Csaszar sein. Sesum ist eng mit Schaffhausens Kreisläufer Bojan Beljanski befreundet.
Phillip Holm (26), Wacker Thun
Der Däne soll beim Meister die riesige Lücke füllen, die die beiden Wacker-Leader Lenny Rubin und Lukas von Deschwanden mit ihren Bundesliga-Abgängen hinterlassen haben. Zumindest körperlich muss der 1,98 Meter grosse 100-Kilo-Athlet den Vergleich mit seinen Vorgängern nicht scheuen. Holm gilt als starker Deckungsspieler, der bei seinem bisherigen Klub Ribe-Esbjerg allerdings nicht mehr erste Wahl war.
Amin Yousefinezhad (22), Kriens-Luzern
Der neue Trainer Goran Perkovac forderte bei seinem Amtsantritt eine Verstärkung auf der Königsposition im linken Rückraum. Diese scheint er nun in Person des 51-fachen iranischen Nationalspielers bekommen zu haben. Yousefinezhad spielte vor seinem Engagement in der Innerschweiz in Tunis sowie bei Metalurg Skopje unter der kroatischen Trainer-Legende Lino Cervar.