Gescheitert?
Warum zwei Nati-Handballer dem Ausland den Rücken kehren

Mit Roman Sidorowicz und Lukas von Deschwanden haben gleich zwei Handball-Legionäre den Weg zurück zu ihren Schweizer Stammklubs gewählt. Sind die beiden Nati-Spieler im Ausland gescheitert?
Publiziert: 17.09.2020 um 18:34 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2020 um 18:35 Uhr
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Das letzte Duell: Im Playoff-Final 2018 setzte sich Lukas von Deschwanden mit Wacker gegen Roman Sidorowicz (l.) und Pfadi Winterthur durch.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
Christian Müller

Lukas von Deschwanden und Roman Sidorowicz waren jahrelang die Schlüsselspieler bei Wacker Thun bzw. Pfadi Winterthur. Vor zwei Jahren wechselten beide Nationalspieler in die Bundesliga: Von Deschwanden ging nach Stuttgart und eine Saison später zu Frankreichs Top-Adresse Chambéry. Sidorowicz spielte bei der MT Melsungen so gut, dass sein ursprünglicher Halb-Jahres-Vertrag im Sommer 2019 verlängert wurde. Obwohl seit der neuen Saison beide zurück bei ihren Schweizer Stammklubs sind, würden sie den Schritt ins Ausland nicht als Fehler bezeichnen.

Warum haben Sie sich für einen Wechsel zurück in die Schweiz entschieden?
Roman Sidorowicz: In meiner zweiten Saison kam ich in Melsungen nicht zu genügend Spielzeit. Die Ziele dort sind so hoch, dass sich das in Zukunft kaum geändert hätte. Zudem sind meine Freundin und ich während 1,5 Jahren Fernbeziehung nicht richtig glücklich geworden. Da sie als Psychologin in Winterthur arbeitet und der Spielstil von Pfadi gut zu mir passt, ist das eine ideale Situation für uns.
Lukas von Deschwanden: Bei mir sind es ähnliche Gründe. Ich wollte wieder näher bei meiner Familie sein. Und ich hatte Bock auf Handball mit meinen Kumpels in Thun.

Gab es Optionen, noch länger im Ausland zu bleiben?
Sidorowicz: Ja, es gab Interessenten aus der Bundesliga. Aber das hätte mich auf Dauer nicht glücklich gemacht. Mit 29 wollte ich mich lieber für eine langfristige Lösung entscheiden.
Von Deschwanden: Mein Vertrag in Chambéry lief eigentlich noch bis 2021. Weil es in Thun durch zwei Abgänge auf meiner Position ein Loch gab, habe ich mich ein Jahr früher als geplant für die Rückkehr entschieden. Da ich meinen Wechselwunsch frühzeitig angemeldet habe, hat mir Chambéry auch keine Steine in den Weg gelegt.

Sind Sie im Ausland gescheitert?
Sidorowicz: Ich bin damals nur als Aushilfe für ein halbes Jahr nach Melsungen gegangen und habe meinen Beitrag zur Europapokal-Qualifikation geleistet. Für den Verein war das ein riesiger Erfolg. Wäre ich gescheitert, hätten sie mir ja kaum einen neuen Vertrag angeboten. Es stört mich aber nicht, wenn Leute das behaupten.
Von Deschwanden: Bei Stuttgart stand ich mehrheitlich in der Startformation. Dadurch ist Chambéry erst auf mich aufmerksam geworden. Der Wechsel zu einem französischen Spitzenklub war sportlich nochmal ein Aufstieg. In Chambéry habe ich – auch verletzungsbedingt – dann aber sicher nicht mehr wie gewünscht reüssiert.

Es heisst immer, der Erfolg der Nati führe nur über Spieler im Ausland. Müssen wir uns Sorgen machen?
Sidorowicz: Die Nati ist durch meinen Wechsel nicht plötzlich schwächer geworden. Zudem helfe ich dem Team mehr, wenn ich mit Spielpraxis bei Pfadi an die Länderspiele komme, als wenn ich in der Bundesliga auf der Bank sitze.
Von Deschwanden: Das sehe ich auch so. Es ist wichtiger, auf einem leicht tieferen Niveau Verantwortung zu übernehmen, als in einer Top-Liga ein Mitläufer zu sein oder gar nicht zu spielen.

Persönlich

Roman Sidorowicz (29, 62 Länderspiele) gehörte dank seiner Sprungkraft bei GC und später bei Pfadi zu den Attraktionen des Schweizer Handballs. Im Dezember 2018 lockte ihn die MT Melsungen nach Deutschland. Als Notnagel verpflichtet, schlug «Sido» beim ambitionierten Bundesligisten sofort ein und verdiente sich einen Anschlussvertrag. Nach einer schwierigen zweiten Auslandssaison hat Sidorowicz wieder für vier Jahre bei Pfadi Winterthur unterschrieben.

Lukas von Deschwanden (31, 61 Länderspiele) war mit Thun MVP, Topskorer, Meister und Cupsieger, ehe er 2018 den Sprung in die Bundesliga wagte. Nach einer Spielzeit in Stuttgart wechselte «Uri» nach Chambéry. Beim französischen Spitzenklub verpasste er durch zwei Bänderrisse einen Grossteil der später abgebrochenen Saison. Der frischgebackene Vater steht bei Wacker Thun bis 2022 unter Vertrag.

Roman Sidorowicz (29, 62 Länderspiele) gehörte dank seiner Sprungkraft bei GC und später bei Pfadi zu den Attraktionen des Schweizer Handballs. Im Dezember 2018 lockte ihn die MT Melsungen nach Deutschland. Als Notnagel verpflichtet, schlug «Sido» beim ambitionierten Bundesligisten sofort ein und verdiente sich einen Anschlussvertrag. Nach einer schwierigen zweiten Auslandssaison hat Sidorowicz wieder für vier Jahre bei Pfadi Winterthur unterschrieben.

Lukas von Deschwanden (31, 61 Länderspiele) war mit Thun MVP, Topskorer, Meister und Cupsieger, ehe er 2018 den Sprung in die Bundesliga wagte. Nach einer Spielzeit in Stuttgart wechselte «Uri» nach Chambéry. Beim französischen Spitzenklub verpasste er durch zwei Bänderrisse einen Grossteil der später abgebrochenen Saison. Der frischgebackene Vater steht bei Wacker Thun bis 2022 unter Vertrag.

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