Ex-Handball-Starspielerin ist jetzt ein Mann und hält Vorträge
«Die Leute wollen wissen, was ich zwischen den Beinen habe»

Louise Sand hängte ihre erfolgreiche Handball-Karriere an den Nagel – für eine Geschlechtsumwandlung. Als Loui Sand redet der 27-jährige Schwede nun ganz offen über sein Leben, das er auch schon beenden wollte.
Publiziert: 13.04.2020 um 12:42 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2020 um 16:30 Uhr
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Jetzt hat sie eine Geschlechtsumwandlung hinter sich.
Foto: Twitter
Nicole Vandenbrouck

Dunkelhäutig, adoptiert, lesbisch, transsexuell. Das Schicksal hat für Louise Sand keinen leichten Weg vorgezeichnet. Im falschen Körper geboren zu sein, das macht ihr schon früh und am meisten zu schaffen. Aus diesem Grund beendet die Schwedin Anfang 2019 abrupt ihre erfolgreiche Handball-Karriere. Und ist heute bekannt als Loui Sand.

Zu Louise Sand. In Sri Lanka geboren, wird sie als Baby von einem schwedischen Elternpaar adoptiert und wächst in Göteborg auf. Schon als Achtjährige beginnt sie mit Handball. Sie schafft es später in die Junioren-Auswahl, für die sie in 29 Einsätzen 66 Tore warf. 2012 ist ihr Jahr: Die Schwedin gewinnt den U20-WM-Titel, wird ins All-Star-Team des Turniers gewählt, debütiert in der Frauen-Nati und spielt mit ihr die EM. Es folgt EM-Bronze (2014), eine Olympia-Teilnahme (2016) und der Wechsel nach Frankreich (2017). In 105 Spielen für die Frauen-Nati schiesst sie 222 Tore. Bis 2019 und ihrer Vertragsauflösung mit Fleury (Fr). Dazu sagt sie damals: «Ich habe mich in letzter Zeit unglaublich schlecht gefühlt und weiss, woran es liegt. Ich wurde im falschen Körper geboren.»

Bei ihr wird geschlechtsspezifische Dysphorie diagnostiziert. Die Geschlechtsidentität stimmt nicht mit dem registrierten Geschlecht überein.

Beziehung zu einer Fussball-Natispielerin hält

Zu Loui Sand. Bereits Ende Januar 2019 unterzieht er sich der ersten Geschlechts angleichenden Operation. Drei Monate später beginnt er mit der Hormon-Therapie. Weiterhin an seiner Seite: Freundin Emma Berglund (31). Mit der Fussball-Nationalspielerin ist er seit Herbst 2018 zusammen. «Es hätte mich nicht überrascht, wenn sie mich verlassen hätte», sagt Loui Sand kurz vor ihrem 1-Jahr-Jubiläum in einem TV-Interview. Doch Berglund hält zu ihm, denn sie habe sich in den Menschen verliebt: «Unsere Beziehung hat in kurzer Zeit viel durchgemacht. Es hat sie stärker gemacht.» Das Paar lebt zusammen in Mölndal ausserhalb Göteborgs und plant, eines Tages Kinder zu haben.

Über seine Transsexualität redet Loui Sand offen. Am TV, in Podcasts. Der 27-Jährige hat vor der Coronakrise eine Vortragsserie gestartet mit dem Titel «Mein Leben besitzt niemand», die er abbrechen muss. Nach Jahren des Selbsthasses entblösst er sich seelisch vor den Zuhörern. Offenbart seine Gefühle, die von Tag zu Tag unterschiedlich sein können.

Nur langsam ist der Ex-Handball-Star stolz darauf, was er schon geschafft hat, wie mutig er ist. «Manchmal habe ich aber einfach Angst. Ich lerne, damit zu leben und umzugehen. Aber es gelingt mir nicht immer gleich gut», erzählt der im «Aftonbladet». An einem solchen «Scheisstag» spreche er auch vor Zuhörern ehrlich über seine Emotionen. Früher hat ihn dieses Gefühlschaos dermassen zerfressen, dass er eigentlich nicht nur seine Handball-Karriere, sondern sogar sein Leben deswegen beenden wollte.

«Ich verstehe die Frage, aber hasse sie gleichzeitig»

Inzwischen stellt er sich auch vermeintlich ungemütlichen Fragen. Denn die Neugier der Zuhörerschaft ist riesig. «Die gleichzeitig schlimmste und beste Frage ist wahrscheinlich, wenn die Leute wissen wollen, was ich zwischen meinen Beinen habe. Ich verstehe die Frage und die Neugier, hasse sie aber gleichzeitig», so Sand, der darauf nicht detailliert antwortet, sondern sagt, dass er momentan knapp auf halbem Weg seiner Geschlechtsumwandlung sei und sein Körper, sein Spiegelbild ihm immer besser gefalle. Mit seiner Offenheit will er anderen Betroffenen Mut machen.

Und: Nicht nur die Freude am Leben ist zurück – sondern auch die am Handball. Loui Sand trainiert seit wenigen Wochen wieder beim IK Sävehof, wo seine internationale Karriere einst ihren Anfang nahm. Aus Spass und eigentlich im Männer-Juniorenteam. Doch weil das derzeit nicht trainiert, macht er einfach bei den Frauen mit. In Schweden ist Mannschaftstraining immer noch erlaubt – trotz Corona.

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