Als am Montagabend Luca Linder in den Schlusssekunden Wacker Thun zum Meistertitel wirft, ist dies Startschuss und Zielflagge zugleich: Startschuss zur grossen Meistersause, die von Winterthur über Thun nach Mallorca und wieder zurück nach Thun führt. Zielflagge für eine grosse Wacker-Ära, die mit den Abgängen von Lenny Rubin, Lukas von Deschwanden (beide in die Bundesliga), Roman Caspar (Karriereende) und Viktor Glatthard (Auslandaufenthalt) zumindest personell zu Ende geht.
«Wir verlieren die beiden besten linken Rückraumspieler der Schweiz, den besten Captain und einen wichtigen Mann in der Deckung», beschreibt Wacker-Coach Martin Rubin den Aderlass beim Meister. Nach elf Jahren als Trainer mit praktisch unverändertem Kern sei ein solcher Umbruch aber gar nicht schlecht: «Es tut gut, mal wieder neue Köpfe vor sich zu haben.»
Der emotionalste aller Abgänge ist für Rubin jener von Sohn Lenny. Vier Jahre wurde der Rohdiamant unter den Augen des Vaters geschliffen und zum National- und Bundesligaspieler geformt. Als Trainer hätte er ihn gerne in Thun behalten, als Vater sei er stolz, dass Lenny in seine Fussstapfen als Bundesligaspieler trete.
Für den Filius sei diese Doppelrolle ohnehin schwieriger gewesen als für ihn selbst, sagt Martin. «Er musste sich von Eltern und anderen Nachwuchsspielern anhören, dass er nur so viel spiele, weil er der Sohn des Trainers sei. Dabei war von Anfang an klar, dass er talentiert ist und einer der dominanten Spieler dieser Liga wird.»
Eine Liga, die für den 2,05-Meter-Schlaks nun zu klein geworden ist. «Lenny war zuletzt zu oft in seiner Komfortzone. Er musste für eine gute Leistung nicht mehr immer an seine Grenzen gehen», befürwortet Martin den Wechsel zum Bundesliga-Elften Wetzlar. Ein Klub, der aufgrund seiner familiären Atmosphäre und regionalen Verwurzelung Wacker ziemlich ähnlich sei. «Anders als in Berlin brennt dort nach einer Niederlage nicht gleich der Baum.»Bevor Lenny Rubin und seine drei Kollegen am Samstag in Thun mit einem Plausch-Turnier verabschiedet werden, geniesst er eine Mini-Auszeit am Ballermann. Oder wie sein Vater sagt: «Feiern können wir mindestens so gut wie Handball spielen.»