Wenn am Donnerstagabend im Berner Kursaal die Topskorer der vier Indoor-Sportarten Handball, Basketball, Volleyball und Unihockey geehrt werden, glänzen die Handballer durch ihre Abwesenheit. Lucia Weibelova (Rotweiss Thun) fehlt leider verletzt.
Eine erfreuliche Entschuldigung gibts dagegen von Marvin Lier: Der Nati-Flügel wurde bis Ende Jahr von seinem Klub Pfadi Winterthur an den Deutschen Meister SG Flensburg-Handewitt ausgeliehen. Es ist ein absoluter Blitztransfer: Am Sonntag verabschiedet sich Lier von seinen Teamkollegen bei Pfadi, am Montagmorgen sitzt er bereits im Flugzeug nach Norddeutschland und am Donnerstag Abend gibt er im DHB-Pokal gegen den aktuellen Tabellenführer Hannover-Burgdorf sein Debüt für Flensburg.
Die Zeit reicht gerade noch aus, um eine Videobotschaft für die Topskorer-Gala der Mobiliar vom Donnerstag aufzunehmen. Ganz im Stil von Roger Federer also, der an den Sports Awards öfters von seiner Saisonvorbereitung in Dubai grüsst. Trotz Organisations-Stress überwiegt bei Lier die Freude über den Wechsel: «Es ist ein Wahnsinn. Ich hätte nicht zu träumen gewagt, einmal für Flensburg zu spielen.»
Die Begeisterung ist verständlich. Schliesslich lebt die 90’000-Einwohner-Stadt an der deutsch-dänischen Grenze für den Handball wie kaum eine zweite im Land. Die als «Hölle Nord» bezeichnete Heimhalle gehört zu den lautesten der Bundesliga. Besonders brisant gehts zu und her, wenn der Liga-Krösus und Lokalrivale THW Kiel anreist. Auch wenn Lier in der bereits laufenden Hinrunde nicht mehr in den Genuss eines Derbys gegen Kiel kommt, bleiben noch genügend Highlights im Spielplan. Der Nati-Spieler freut sich besonders auf die Champions-League-Einsätze gegen Barcelona und Paris sowie das Liga-Duell mit Andy Schmids Rhein-Neckar Löwen.
Hinter dem norwegischen Vize-Weltmeister Magnus Jondal wird er am linken Flügel die zweite Option sein. «Angesichts der vielen Spiele bis Ende Jahr, werden wir uns sicher regelmässig abwechseln. Sonst wären die Belastung und das Verletzungsrisiko viel zu gross», sagt Lier.
So kann er sich drei Monate lang auf der grossen Handball-Bühne präsentieren. Dann folgt im Januar die EM in Schweden. Sollte es bis dahin kein neues Angebot von Flensburg oder einem anderen Bundesligisten geben, wäre Lier rechtzeitig zu den Playoffs zurück in Winterthur. Dass es dann mit drei verpassten NLA-Monaten nicht mehr zur Topskorer-Krone reichen wird, dürfte er verschmerzen können.