BLICK: Andy Schmid, letzte Woche wurde die Bundesliga-Saison abgebrochen. Kiel ist Meister, Ihre Rhein-Neckar Löwen rutschen dank den gewerteten Punkten pro Spiel noch auf einen Europacup-Platz. Ein richtiger Entscheid?
Andy Schmid: Es gab keine Lösung, mit der es die Liga-Bosse allen recht gemacht hätten. Aber das ist sowieso fast sekundär. Ich mache mir mehr Sorgen über andere Dinge.
Worüber?
Wie die neue Saison beginnen wird. Bis im Sommer werden die Klubs finanziell noch über die Runden kommen. Aber sollte wir im September zu Geisterspielen gezwungen sein, werden viele Bundesligisten nicht mehr lange überleben. Es sind jetzt innovative Ideen gefragt. Nicht nur im Handball, sondern in allen Sportarten.
Woran denken Sie konkret?
Wir könnten erst im Oktober oder gar November anstatt schon Ende August loslegen – dafür dann mit Fans in den Hallen. Ich war schon immer ein Verfechter eines verdichteten Spielplans. Jetzt darf man solche Vorschläge auf den Tisch bringen, es gibt keine Tabus.
Sechs Ihrer Teamkollegen sowie der neue Trainer Martin Schwalb wurden positiv auf das Coronavirus getestet, wodurch das ganze Team unter Quarantäne gestellt wurde. Wie geht es Ihnen selbst gesundheitlich?
Ich wurde nie positiv auf das Virus getestet; nur auf Antikörper. Aber was bedeutet das schon? Einige Virologen sagen, man sei damit nicht immun. Andere sprechen von sechs Monaten, wieder andere von einem Jahr. Man weiss nicht richtig, was und wem man glauben soll. Die Ungewissheit ist was den meisten Leuten Angst macht.
Wie gehen Sie mit dieser Ungewissheit um?
Es ist nicht einfach. Schlimmer finde ich aber, dass der Sport bei allen Lockerungsplänen des Lockdowns kaum erwähnt wird. Und damit meine ich nicht nur den Spitzensport. Wann dürfen die Kinder wieder in den Fussballverein? Wann werden die Tennisplätze wieder geöffnet? Darüber wird fast kein Wort verloren, obwohl der Sport psychologisch und sozial ungemein wichtig ist.
Wie steht es um Ihre Motivation?
Die ist natürlich am Boden. Inzwischen trainieren wir immerhin wieder zwei Mal pro Woche in Kleingruppen. Jeder mit seinem eigenen Ball und seiner eigenen Harzdose. Im Kraftraum tragen wir einen Mundschutz und Handschuhe. Aber Handball ist gedanklich schon ganz weit weg. Unser letztes Spiel gegen Kiel war zwar erst vor sechs Wochen. Es fühlt sich eher wie zwei Jahre an.
Seit April befinden Sie sich in Kurzarbeit und verzichten auf einen grossen Teil des Lohns.
Es war früh klar, dass wir Spieler einen Beitrag zur Bewältigung dieser Krise leisten müssen. Die Spielergehälter sind nun mal der grösste Kostenpunkt. Daher sind wir auf Kurzarbeit und verzichten zudem auf einen Grossteil unseres Lohns. Ansonsten kriegen wir als Verein die Kurve nicht.
Seit letzter Woche ist auch klar, dass die Schweiz nicht an der WM 2021 in Ägypten dabei sein wird. Wurde die Qualifikation zu früh abgesagt?
Nein. So eine Quali ist ein anderes Kaliber als eine Meisterschaft, da sie in verschiedenen Ländern stattfindet, die sich alle in einem anderen Stadium der Corona-Pandemie befinden. Dass Island aufgrund des besseren Platzes an der letzten EM das WM-Ticket erhält, ist natürlich bitter für uns. Aber auch hier hätte es keine faire Lösung für alle gegeben.