Auf den ersten Blick könnte man meinen, Andy Schmid sei schon ein alter Hase im Trainergeschäft: Die Ansagen in der Trainingshalle in Gümligen BE sind kurz und präzise. In ihm drin sieht es aber ganz anders aus. «Ich bin in der Vorbereitung und an den ersten drei Trainingstagen schon etwas gestolpert», sagt Schmid, der diese Woche erstmals als Coach einen Zusammenzug der Handball-Nati leitet.
«Die psychische Beanspruchung eines Trainers habe ich unterschätzt», gibt der 218-fache Nationalspieler zu. «Und als Nati-Trainer hat man nur ganz wenig Zeit. Es ist deshalb mein grösstes Ziel, dass mein Konzept den Spielern unter die Haut geht. Damit sie beim nächsten Nati-Termin schon wissen, welche Angriffs-Auslösungen wir spielen und wie wir in der Deckung agieren.»
Aus der Whatsapp-Gruppe ausgeschlossen
Ganz natürlich läuft Schmids Wechsel vom Spieler zum Coach ausserhalb des Trainings: Beim Essen sitzt er jetzt am Tisch mit dem Staff, aus der Whatsapp-Gruppe haben ihn die ehemaligen Teamkollegen schon rausgeworfen. «Dort wird jetzt sicher eifrig gelästert», grinst er.
Schmid möchte ein Trainer sein, den er sich selbst als Aktiver gewünscht hat. Heisst: Die Spieler bekommen eine gewisse Eigenverantwortung, mit klaren Limiten. «Sie sind alle erwachsen. Neben dem Feld geniessen sie viele Freiheiten. Es wäre nicht authentisch, wenn ich am Abend in der Hotellobby den Ausgang kontrollieren würde. Aber im Spiel und im Training verlange ich vollen Fokus und Einsatz.»
Wegen der vorzeitigen Trennung von seinem Vorgänger Michael Suter gibt Schmid sein Trainer-Debüt vier Monate früher als ursprünglich geplant. «Nach der Analyse und dem Entscheid des Verbands mit Michi war für mich klar, dass es nur diese Lösung gibt. Ich fühle mich deswegen nicht schlecht vorbereitet. Ich spüre, dass ich für diese Aufgabe bereit bin.»
Die Heim-EM ist noch weit weg
Juckt es ihn während den Trainings manchmal noch selbst in den Fingern? «Eigentlich nicht», sagt Schmid. «Auch wenn ich ein Kontrollfreak bin und es mich innerlich nervt, wenn ein Spielzug nicht wie besprochen abläuft. Das wird ein Lernprozess für mich.»
Schmids Vertrag läuft bis und mit Heim-EM 2028. «Das ist gedanklich noch ganz weit weg», sagt er. «Für mich zählt, was in jedem Training und zwischen den Lehrgängen passiert, damit wir unseren Zielen Schritt für Schritt näher kommen.» Ein erstes kleines Ziel ist das Testspiel am Samstag gegen Weltmeister Dänemark. Dort trifft Schmid in Person seines Ex-Coaches Nikolaj Jacobsen (52) auf einen wirklich alten Hasen im Trainergeschäft.