Rauchen, saufen, zocken. Und zwischendurch mal eben ein Golfturnier gewinnen. Mit verwegenem Lebensstil und langen Schlägen wird John Daly in den 90er-Jahren zum Publikumsliebling in den USA. Er gewinnt zwei Major-Turniere (1991, 1995) und erobert mit seiner extrovertierten Art die Gunst des Publikums – den konservativen Gralshütern ist der laute und latent flegelhafte Daly aber stets ein Stachel im Fleisch.
Die Sause des blonden Kaliforniers dauert bis ins Jahr 2008, dann überspannt er den Bogen und die Profitour PGA entzieht ihm für ein halbes Jahr die Spielberechtigung. Daly hatte seinen Ball bei einem Promotionsturnier für Profis und Amateure von einer Bierbüchse abgeschlagen – mit Kippe im Mundwinkel, aber ohne Schuhwerk. Ein grober Verstoss gegen die strenge Etikette.
«Alles, was der im Sinn hat, ist der Suff»
Das ist aber nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Auf der Lauer sind die PGA-Bosse bereits, als Daly Wochen zuvor in komatösem Zustand in einem Hooters-Restaurant aufgegriffen und von der Polizei in Winston-Salem (North Carolina) dingfest gemacht wird – sein Foto im orangen Knastkostüm verbreitet sich in Windeseile. Im gleichen Jahr kappt auch noch sein Trainer, der famose Schwungexperte Butch Harmon, die Verbindung zu Daily: «Alles, was der im Sinn hat, ist der Suff.»
Vom Alkohol lässt er seit diesem Absturz aber die Finger, auch wenn seine bevorzugte Mode auf einen Dauerpegel von mindestens zwei Promille schliessen lässt. Das schrille Kostüm – es wird zum Markenzeichen, auch ohne weitere Knastgeschichten. Mit dem Modelabel «Loudmouth» (Grossmaul) macht Daily den lauten Auftritt quasi salonfähig. Norwegische Curler haben sich in Beinkleidern dieser Marke schon bis zu den Olympischen Spielen vorgewagt.
Mehr als 50 Millionen im Casino verzockt
Die Fans verzeihen Daily indes jeden Fehlschlag. Vier gescheiterte Ehen, Alkoholexzesse. Spielsucht. Eine seiner Ex-Frauen attackierte ihn mit einem Messer. Vielleicht verzeiht man ihm darum, weil der Mann, der nach eigenen Angaben mehr als 50 Millionen in Kasinos verzockte, immer auch etwas Geld für wohltätige Zwecke locker macht. Vielleicht auch nur, weil der (amerikanische) Freizeitgolfer davon träumt, einmal so zu sein wie er. Volle Pulle am Abschlag, volle Pulle im Leben. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Dalys Länge vom ersten Tee ist tatsächlich beeindruckend: während der Saison 2003 erreicht er im Schnitt 314 yards (287 Meter), die Bestenliste der weitesten Abschläge führt er während insgesamt elf Saisons an.
Bei der European Masters in Crans-Montana wird in erster Linie Präzision gefragt sein: Die Anlage im Wallis ist schon für einen durchschnittlich langen Professional sehr kurz. Ähnlich kurz wie die Lunte bei John Daly: bei der PGA Championship 2015 in Whistling Straits landet sein Ball im Wasser. Und kurz darauf auch sein Golfschläger. Er will doch nur so schrecklich gern Golf spielen.