Eines ist sofort klar: Der neue Trainer der Frauen-Nati hat Humor. «Wenn euch mein Deutsch unerträglich wird, zieht euch einfach die Mütze übers Gesicht», sagt Nils Nielsen (47) lachend mit Blick auf die von einem Sponsor verteilten Kopfbedeckungen. «Noch bin ich daran, mein Deutsch aufzufrischen. Deshalb wechsle ich manchmal auf Englisch», sagt der Däne bei seiner offiziellen Präsentation am Zürcher Flughafen, direkt nach der Rückkehr von seinem ersten Trainingslager mit den Nati-Girls.
Sein erster Eindruck vom Spanien-Camp mit 26 Spielerinnen und dem 0:0 im Test gegen Weltklasse-Team Kanada? «Ich war überrascht, wie weit unsere vielen jungen Spielerinnen schon sind. Das ist eine sehr gute Basis.»
Obwohl die WM 2019 verpasst wurde – Nielsens Vorgängerin Martina Voss-Tecklenburg hat die Schweizer Fussballerinnen in neue Dimensionen geführt. Nielsen: «Es geht nicht darum, es besser als Martina zu machen. Aber anders. Manchmal braucht es neue Herangehensweisen, um vorwärts zu kommen.»
Aufgewachsen in der Ostsee
Das Verrückte: Der Mann, der die Schweiz an die EM 2021 führen will, stammt aus Grönland. Eine riesige, fast menschenleere Insel, auf der Fussball-Weltkarte ohne Bedeutung. «Ich wurde dort geboren. Aber mit 5 Jahren kam ich nach Dänemark, wo ich auf der kleinen Ostsee-Insel Arrö aufgewachsen bin», sagt Nielsen.
Sein leiblicher Vater blieb auf Grönland und ist schon länger verstorben. Seine Mutter heiratete einen Museumsdirektor, der Nils sogar adoptierte. Als Teenager träumt Nielsen von einer Fussballkarriere. Doch das Schicksal hat andere Pläne. «Ich musste wegen einer schweren Rückenverletzung schon am Ende meiner Junioren-Laufbahn aufhören und wurde nie Profi», sagt er. Kicken tut er seither nie mehr, weil er das Risiko einer erneuten Verletzung meidet.
Mit 20 Jahren schon Trainer statt Spieler
«Dank einer Ausnahmegenehmigung durfte ich dann schon mit 20 Jahren die Trainerlizenz machen.» Nielsen macht im Dänen-Verband Karriere. 2017 führt er die Frauen bis in den EM-Final und zieht dann mit Frau und dem neu geborenen Sohn für einen Job im chinesischen Verband ins smoggeplagte Peking.
«Aber unser Sohn konnte dort nicht atmen. Meine Frau sagte: Nie mehr Ausland!», erzählt Nielsen schmunzelnd. Denn als der SFV anklopft, packt die Familie gerne die Koffer. Nielsens Frau hatte einst vier Jahre in der Schweiz gelebt, jetzt zieht die dänische Klein-Familie im Februar nach Bern.
Doch warum fiel die Wahl ausgerechnet auf einen Mann aus Dänemark als Nachfolger der erfolgreichen Deutschen Martina Voss-Tecklenburg? Laurent Prince, der technische Direktor beim SFV, sagt: «Wir wollten den Besten. Nielsen ist eine grosse Nummer. Er hat es geschafft, dass in Dänemark 1 Million TV-Zuschauer das EM-Final schauten.»
Keine Frage, dass sich der SFV einen solchen Frauenfussball-Hype auch erträumt!