Zur WM-Vergabe nach Saudi-Arabien
Dringend gesucht: Gute Rechtfertigung!

Vor der WM in Katar hiess es, man hätte die Austragung viel früher verhindern sollen. Jetzt, wo es um das Turnier in Saudi-Arabien geht, scheinen sich die Kritiker von damals sich nicht mehr an ihre Worte erinnern, schreibt Blick-Sportchef Emanuel Gisi.
Publiziert: 11.12.2024 um 12:57 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2024 um 14:54 Uhr
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Zwei, die sich verstehen: Prinz Mohammed bin Salman, Machthaber von Saudi-Arabien, und Gianni Infantino, Präsident des Weltfussballverbands Fifa.
Foto: keystone-sda.ch
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Emanuel GisiSportchef

Was war der Aufschrei gross. Es ist ein bisschen mehr als zwei Jahre her, da konnte es Fussball-Europa kaum fassen: Die WM 2022 würde tatsächlich in Katar stattfinden. Im Winter, in einem Mini-Emirat in der Wüste, wo Fussball keinerlei Tradition hat und Menschenrechte schon gar nicht. 

In Crashkursen wurden Fussballfans zu Experten in katarischem Arbeitsrecht. Boykottpläne wurden geschmiedet und verworfen, Verbände wollten mit Kapitänsbinden Zeichen setzen. Am Ende passierte … nichts.

Ein beliebter Satz damals: Das hätte man früher verhindern müssen. Es war ja auch nicht falsch: So kurz vor dem Turnier alles über den Haufen zu werfen, das wäre schwierig geworden.

Saudi-Arabien liegt zwischen Usbekistan und Belarus im Demokratie-Ranking

Gut möglich, dass es 2034 kurz vor Anpfiff der WM in Saudi-Arabien ähnlich klingen wird. Am Mittwoch vergibt der Fifa-Kongress die WM in das Königreich, obwohl dessen Sündenregister lang und düster ist: schwerwiegende Missstände bei Frauenrechten, Meinungsfreiheit, Arbeitsrecht und im Umgang mit Andersdenkenden und Minderheiten. Im Demokratie-Index des «Economist» ist es zwischen Usbekistan und Belarus auf dem verheerenden 150. Platz klassiert und wird als autoritäres Regime eingestuft. 

Das alles ist bestens dokumentiert und bekannt. Wenn es 2034 heisst, man hätte die Wüsten-WM früher verhindern müssen, wird heute gemeint sein. Und trotzdem wird es beim Fifa-Kongress keine ernsthafte Diskussion mehr geben. Die Europäer haben sich in ihr Schicksal ergeben und die als alternativlos präsentierte Austragung akzeptiert. Jetzt haben sie zehn Jahre Zeit, sich eine gute Rechtfertigung dafür zu überlegen.

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