Ein Teil des Schweizer Nati-Erfolgs beginnt gegen Ende der 1970er-Jahre in Davos. Dort, im tiefen Graubünden, verbringt der kleine Max aus München mit seinen Eltern jeweils Weihnachten und die Faschingsferien. Es gefällt dem Kleinen im Urlaub in der Schweiz.
Heute ist Max Eberl (44) ein Grosser seines Fachs. Die Liebe zur Schweiz ist geblieben. Am Freitagmorgen um elf Uhr stellt der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach seinen fünften Schweizer Nationalspieler als Neuzugang vor: Michael Lang (27) wird Teamkollege von Yann Sommer (29), Nico Elvedi (21), Denis Zakaria (21) und Josip Drmic (25). Und nach SonntagsBlick-Informationen beschäftigte er sich vor dem Lang-Transfer auch mit Nati-Captain Stephan Lichtsteiner (34), der sich dann für Arsenal entschied.
Ein Deutscher macht die Nati besser, indem er unsere Talente im Stahlbad Bundesliga fördert. «Wir sind nur eine Facette in der Geschichte. Wir haben hier fortgesetzt, was beim FC Basel, den Young Boys oder beim FC Zürich angefangen wurde», sagt Eberl.
Im SonntagsBlick erklärt der Ex-Bayern- und Gladbach-Rechtsverteidiger, wie es zur Schweizer Philosophie der Fohlen kam. «Angefangen hat es mit einem Gespräch mit Lucien Favre im Jahr 2009. Später verhandelten wir, und ich konnte ihn als Trainer gewinnen. Das war der Startschuss», erzählt Eberl.
Favre rettet Gladbach vor dem Abstieg. Und Eberl und er beginnen langsam, Schweizer zu verpflichten. Der Grund: Sie sind bezahlbar, integrieren sich schnell, «sind dem deutschen Fussball sehr nahe. Von der Sprache, von der Kultur her. Du hast keine grosse Zeit der Eingewöhnung, keine grossen Probleme. Weil die Schweiz und Deutschland doch ähnliche Länder sind.» Mentalitätsmässig bezeichnet er Sommer und Elvedi als «typische Schweizer, wenn man das so sagen darf. Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit. Sommer ist eine Führungsperson, ein Mensch, der einem Team unglaublich guttut.»
«Ich kenne die Geschichte der Secondos»
Und dann sagt Eberl einen bemerkenswerten Satz: «Mit der Zeit habe ich auch die Geschichte mit den Secondos mitbekommen. Sie sind wild und haben doch den Schweizer Standard in Punkten wie Verlässlichkeit. Ich spüre bei uns in Gladbach, dass genau diese unterschiedlichen Wurzeln, gepaart mit der Schweizer Zuverlässigkeit, befruchtend für das Kader sind.»
Eberl erklärt: «Josip zum Beispiel hat eine kroatisch basierende Frechheit, mit der er Tore macht. Granit kam mit einer grossen Grund-Aggressivität und einem wahnsinnigen Selbstvertrauen hierher. Er schoss einige Male übers Ziel hinaus. Am Anfang sagten alle: ‹Der lernts nie!› Er hat dann ein, eineinhalb Jahre gebraucht, um sich durchzusetzen, bis zum Kapitän mit 23. Diese Rolle hat er in einer überragenden Art und Weise ausgefüllt. Er hat gelernt, sein kosovo-albanisches Temperament zu zügeln und trotzdem ehrgeizig zu bleiben. Auch bei Arsenal.»
Die unzähmbare Seite Xhakas zeigte sich im Doppeladler-Jubel gegen Serbien, der für viel Aufregung sorgte. Auch für Eberl war es nicht notwendig: «Ich dachte mir: ‹Granit, das 2:1 alleine ist doch Genugtuung genug. Du hast ein Tor gemacht, Xherdan hat ein Tor gemacht, das ist doch die grösste Bestrafung, die du einem Kontrahenten zufügen kannst.› Da ist diese Geste unnötig, die hat nichts im Fussball verloren. Ich halte eh nichts von politischen Themen auf dem Fussballplatz – auch wenn es in der DNA der betroffenen Spieler anders verankert ist. Sie hätten sich danach entschuldigen sollen und fertig.»
In Xhakas Fussstapfen bei Gladbach tritt langsam aber sicher Denis Zakaria. Der 21-Jährige, der mal neuer Rekordtransfer von Borussia Mönchengladbach werden könnte. 60 Millionen Euro soll Eberl aufgerufen haben, als Borussia Dortmund anfragte, hiess es in deutschen Medien diese Woche.
Eberl selbst dementiert das: «Das stimmt nicht. Ich habe keine Ablösesumme genannt, schon gar nicht an Borussia Dortmund. Der BVB hat nie nach Zakaria gefragt. Da muss man die Kirche schon im Dorf lassen.»
Als Profi schoss Eberl nicht ein einziges Tor
Aber dass Zakaria einst 60 Millionen kosten könnte, schliesst Eberl nicht aus. «Ich mag diese Vergleichbarkeit von Transfers nicht. Der Wechsel von Granit war ein aussergewöhnlicher Transfer zu seiner Zeit, das ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre her. Wenn Denis dann irgendwann mal Angebote bekommt, dann werden die höher sein. Aber nicht unbedingt, weil er besser ist als Granit. Sondern, weil sich der ganze Markt verändert hat. Ja, er wird wahrscheinlich mal mehr kosten als Granit.»
Die Rendite wird ansehnlich sein: Zakaria kam 2017 von YB für zwölf Millionen Euro. Granit Xhaka kostete Gladbach 2012 rund 8,5 Millionen Euro und ging 2016 für 45.
«Wir fahren mit unseren Schweizer Jungs sehr gut, haben und werden hoffentlich noch einige schöne Transfers machen», sagt Eberl. «Ich bin echt froh, dass wir diese Erfolge mit Schweizer Transfers hatten. Alles, was wir in der Schweiz gemacht haben, war gut. Angefangen mit Jörg Stiel, er war der kleinste Goalie, mit dem ich je gespielt habe.»
Stiel selbst bezeichnet Eberl als «einen der wenigen seines Fachs, der mit Moral und Ethik für eine Stabilität in der Bundesliga arbeitet. Und nicht bloss den egoistischen eigenen Erfolg sucht.»
Für Eberl selbst sind Werte wichtig. Er bekam sie von seinen Eltern in Bayern mit. Wie auch den Ehrgeiz: Als Kind schlug er vor Wut einmal ein Loch in die Wand, weil er sein Ziel nicht erreichte. «Maximilian», nannte ihn seine Mutter in solchen Momenten. 1979 bis 1991 spielt er in den Bayern-Junioren, macht ein Spiel für die Profis. Für Gladbach sind es 137 Partien, 0 Tore. «Ein Treffer hätte die Bilanz kaputtgemacht», scherzte er einmal.
Verheiratet ist er mit Simone, seit langem. Sein Weg vom Profi zum Sportdirektor (ab 2008) war eine Umstellung: «Als Spieler arbeitest du hart, hast aber auch viel Freizeit. Nach 6, 7 Wochen als Sportdirektor fragte mich meine Frau, ob wir uns an einem Nachmittag mal wieder sehen können …»
«Mag das Wort Stolz eigentlich nicht so gern»
Eberl arbeitet hart, macht Top-Transfer, gerade mit Schweizern. Selbst geholt hat Eberl «Granit, Nico, Yann, Denis oder Josip und natürlich Lucien – jeder einzelne ist ein guter Transfer gewesen. Und ich bin auch überzeugt, dass auch Michael Lang an dieser Geschichte mitschreiben wird.» Der einzige, der sich nicht durchsetzen konnte, war Djibril Sow (21), der jetzt aber bei YB auf einem guten Weg ist.
Lucien Favre (60) seinerseits ist inzwischen bei Dortmund Wie oft hat er Sie mit seiner nicht immer entscheidungsfreudigen Art wahnsinnig gemacht, Herr Eberl? «Das ist jetzt ein ganz anderes Thema. Wir haben viereinhalb Jahre eine hervorragende und erfolgreiche Zusammenarbeit gehabt. Lucien ist ein grossartiger Trainer und du musst jedem Verein gratulieren, der ihn hat. Aber natürlich kenne ich auch die schlaflosen Nächte, die auf den Sportdirektor zukommen …»
Per SMS halten sie auch heute Kontakt, der Abgang Favres 2015 mit seinem abrupten Rücktritt ist vergessen. «Fussball ist schnelllebig, wir haben die schwierige Phase von damals ist überstanden. Lucien und ich haben uns ausgesprochen und alles geklärt», so Eberl.
Die Gegenwart heisst WM. Ist Eberl stolz, wenn er seine Schweizer Fohlen in Russland galoppieren sieht? «Stolz ist eigentlich ein Wort, dass ich nicht so gerne mag. Aber ja, ich freue mich sehr über unsere Schweizer, welche gute Rolle sie im Weltfussball spielen können. Und ich glaube, die Schweiz hat gegen Schweden eine sehr gute Chance, das Achtelfinale zu überstehen.»
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Das sagen die Schweizer über ihren Chef
Yann Sommer: «Max Eberl führt den Verein sehr professionell und familiär. Er legt gleichzeitg sehr viel Wert auf Menschlichkeit und ein gutes Klima im Klub.»
Josip Drmic: «Es ist erstaunlich, mit welcher Menschlichkeit sich Max im harten Fussball-Geschäft bewegt. Er sieht immer erst den Menschen und hat immer erst ein offenes Ohr für die Spieler. In guten und in schlechten Zeiten.»
Nico Elvedi: «Max erlebe ich als sehr angenehmen und zugänglichen Sportchef. Er lebt den Fussball und Gladbach 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche. Weil er auch selbst Spieler war, kennt er die Bedürfnisse von uns Profis. Er kommt sehr überzeugend rüber – besonders, wenn er einen Spieler bewegen will, zu Gladbach zu wechseln …»
Denis Zakaria: «Max Eberl ist sehr leidenschaftlich. Gleichzeitig weiss er genau, was er an Arbeit verlangt. Seine Spieler wissen, was von ihnen verlangt wird. Er ist uns sehr nah, er weiss, wie er mit uns umgehen muss. Er schenkt Vertrauen. Er ist ein sehr guter Mensch, bei dem man immer sieht, dass er den Fussball und Gladbach liebt.»
Michael Lang: «Ich erlebte die Verhandlungen mit Max Eberl als hochprofessionell. Du spürst, dass der Klub bei diesem Manager in guten Händen ist, ich habe mich von Anfang an wichtig gefühlt und der Umgang war sehr angenehm. Ich bin restlos davon überzeugt, dass dieser Verein der richtige Schritt ist jetzt für mich.»
Vom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 statt.
- Alle Infos, Highlights und Hintergründe – kurz den WM-Ticker – finden Sie hier.
- Sämtliche Ergebnisse und die besten Torjäger gibts hier in der Übersicht.
- Die Spieler aller teilnehmenden Mannschaften im Porträt: Wer wie gut spielt, lesen Sie hier im interaktiven Special.
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