«Wo haben die hingeschaut?»
Urs Meier schimpft über den WM-VAR

Urs Meier war noch nie ein Fan des VAR. Auch mit der halbautomatischen Offsidetechnologie an der WM wird der ehemalige Spitzenref nicht warm.
Publiziert: 24.11.2022 um 10:50 Uhr
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Aktualisiert: 24.11.2022 um 10:59 Uhr
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Urs Meier wundert sich für die Entscheidungen des Video-Schiris an der WM.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Alain KunzReporter Fussball

Erst 12 Spiele sind in Katar über die Bühne gegangen. Mit zu diesen gehört bereits regelmässiger VAR-Wirbel. Gerade bei der grossen Turniersensation, dem Sieg von Saudi-Arabien gegen Argentinien. Doch eigentlich begann alles nach drei Turnierminuten, als der VAR sich beim 1:0 von Ecuador gegen Gastgeber Katar im Eröffnungsspiel einschaltete – und Valencias Tor dann (zu Recht) annulliert wurde.

Doch erstens dauerte es trotz halbautomatischer Offsidetechnologie deutlich länger, bis der Entscheid stand, als die Fifa bei der Einführung versprochen hatte. Es waren nicht dreissig, sondern eher 120 Sekunden. Und zweitens gabs da auch Diskussionen, weil die (erst später und nicht direkt nach der Szene) eingeblendete 3D-Animation für Verwirrung sorgte.

Oder der VAR schaltet sich gar nicht ein, wie es beim Spiel zwischen Belgien und Kanada vom Mittwoch der Fall war. Statt Penalty für die Kanadier nach einem klaren Foul pfiff der Schiri Offside – obwohl der Ball vom belgischen Spieler kam. Ein krasser Fehlentscheid!

Zu reden gab auch der Fall Argentinien, als das Tor von Lautaro Martinez zum 2:0 aberkannt wurde, weil die Schulter des Gauchos weiter vorne war als alle saudischen Füsse. Aber: Argentinische Medien denken, dass der VAR den falschen Saudi als zweitletzten Mann ausgemacht hat. Dass einer weiter vorne das Offside aufhob. Das habe ein Architekt ausgemacht, der, so die Gauchos, als Erfinder des VAR gelte.

Meier: «Weiss nicht, wohin der VAR schaut»

«Sollte dessen Offsidelinie stimmen, wäre Martinez tatsächlich nicht abseits», sagt denn auch Ex-Spitzen-Schiedsrichter Urs Meier. «Aber eben: Diese Frage können wir nicht beantworten. Ebenso jene nach der Ballabgabe. Und: Sollte diese Linie stimmen, stelle ich mir schon die Frage, was dann im VAR-Raum passiert. Denn die Technologie heisst deshalb halbautomatisch, weil am Ende die Menschen nochmals alles checken.»

Allerdings würde solch ein Versäumnis Meier nicht weiter wundern. «Im VAR-Raum sitzen sieben Leute. Wohin die geschaut haben, als Otamendi gegen die Saudis klar gefoult wurde, weiss kein Mensch.» Meier wird nach wie vor nicht warm mit dem neuen Instrumentarium. «Das ist eine Pseudogerechtigkeit, die da suggeriert wird. Aber die Entscheide sind nicht berechenbar. Und man kann sie nicht kontrollieren, muss einfach glauben, dass es stimmt.» Meier erwartet auch nicht, dass das im Verlauf des Turniers viel besser wird. «Es ist auch in der Champions League, in Bundesliga, in der Super League dasselbe. Überall.»

Johannes Holzmüller, Fifa-Direktor Innovation und Technologie
2:35
«VAR ist jetzt noch präziser»:Holzmüller, Fifa-Direktor Innovation und Technologie
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