Weltmeister-Trainer Jogi Löw
«Duell gegen die Schweiz wäre speziell für mich»

Joachim Löw schwärmt auch vier Jahre danach noch immer. «Das Gefühl, Weltmeister zu werden, ist unbeschreiblich», sagt er.
Publiziert: 09.06.2018 um 23:34 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:15 Uhr
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Deutschland-Trainer Jogi Löw mit dem WM-Pokal und Nati-Trainer Vladimir Petkovic im Fifa-Museum.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni (Text) und Toto Marti (Fotos)

Es ist ein Treffen Ende des vergangenen Jahres im Fifa- Museum in Zürich. Jogi Löw (58), der Weltmeister-Trainer von 2014, und Vladimir Petkovic (54), unser Nati-Coach, stellen sich für SonntagsBlick zum Foto auf. Den WM-Pokal hält Löw fest in den Händen. Für Petkovic heisst es vorerst: nur schauen, nicht anfassen.

Vier Jahre ist es her, seit Löw ihn hochgestemmt hat. «Der Moment des Sieges war unglaublich schön. Ein magischer Moment. Man arbeitet ja Jahre darauf hin, einen so grossen Titel zu gewinnen. Wenn es dann so weit ist, kommen alle Emotionen raus», schwärmt er noch heute.

Jogi Löw mit dem WM-Pokal und Vladimir Petkovic im WM-Museum.
Foto: TOTO MARTI

1:0 nach Verlängerung gegen Argentinien. Weltmeister im mystischen Maracana-Stadion von Rio de Janeiro. Löw wirkt emotional, als er es in Worte fasst: «Das Gefühl ist nicht zu beschreiben. Der schönste Moment ist eigentlich unmittelbar nach dem Schlusspfiff. Der Moment, in dem man wirklich Weltmeister geworden ist. Die Stunden danach laufen wie in einem Film ab. Wenn man sich später versucht zu erinnern, dann weiss man vieles gar nicht mehr so genau. Man ist wie in Trance.»

Löw jubelt nach dem Final-Sieg gegen Argentinien.
Foto: AP

Der Bundestrainer erfasst die Geschehnisse erst später richtig, auf der Triumph-Feier von Berlin. «Wir hatten die Trophäe ja auch in den Tagen danach das eine oder andere Mal in der Hand. Dann kommt es mehr und mehr ins Bewusstsein», sagt er zu SonntagsBlick, «am nächsten Tag in Berlin, eine Million Fans, man fährt mit dem Pokal durch die Stadt, das war etwas ganz Besonderes, das war Gänsehaut-Feeling. Da realisiert man das.»

Bis heute hat Löw eine enge Bindung zur Schweiz

Es ist klar, dass nun 2018 das Ziel der Deutschen die Titelverteidigung ist. Und läuft alles wie erwartet, dann führt dieser Weg über die Schweizer Nati. Werden die Deutschen in der Gruppe mit Mexiko, Schweden und Südkorea Erster und wir Zweiter hinter Brasilien, dann kommt es am 3. Juli in St. Petersburg zum WM-Achtelfinal Deutschland gegen die Schweiz.

Wäre dies besonders für Sie, Herr Löw? «Ja, ein Duell gegen die Schweiz wäre speziell für mich. Klar, ich habe als Nationaltrainer auch das eine oder andere Mal gegen die Schweiz gespielt ...» Zuletzt besiegte die Nati unter Ottmar Hitzfeld Deutschland im Jahr 2012 in Basel 5:3. «Genau, daran haben wir nicht so gute Erinnerungen. Aber ich habe immer mit einem Auge in die Schweiz geschaut. Hier habe ich mir viel aneignen können, was mir in meiner späteren Trainer-Tätigkeit geholfen hat», sagt der Bundestrainer.

Löw als Spieler des FC Winterthur.
Foto: ZVG

Joachim Löw und die Schweiz, es ist bis heute eine enge Bindung. 1989 bis 1992 spielt er für Schaffhausen, dann bis 1994 bei Winterthur, wo er als Trainer startet – bei den D-Junioren. «Ich bin Schweiz-geprägt», sagt Löw. Danach will ihn der FC Töss als Trainer holen. Aber Löw geht als Spielertrainer zu Frauenfeld, macht seine Diplome und geht 1995 – als Assistent – mit Rolf Fringer zum VfB Stuttgart. Als Fringer dann Nati-Trainer wird, kommt Löw bei Stuttgart zum Handkuss und startet seine unglaubliche Karriere.

2003 wäre Löw beinahe FCZ-Trainer geworden

Den Grossteil seiner Trainer-Ausbildung macht er in der Schweiz. «In der Endphase musste ich aus dem Trainerkurs aussteigen, weil wir im Pokalfinal und im Halbfinal des Europapokals standen. Da fehlte mir dann die Zeit – darum habe ich die letzten Scheine in Deutschland gemacht», sagt Löw. 2003 verhandelt Löw zudem mit dem FC Zürich, der einen Nachfolger für Georges Bregy sucht: «Ich hatte eine Anfrage und auch ein sehr, sehr gutes Gespräch mit Sven Hotz.» Trainer der Zürcher wird schliesslich aber Lucien Favre, der zwei Meistertitel und einen Cupsieg mit dem FCZ holt.

Für Löw und sein Team heissts nun Koffer packen und ab nach Russland.
Foto: Toto Marti

Am 15. Juli findet im Luschniki-Stadion von Moskau der WM-Final statt. Wieder mit Löw? Wieder mit Deutschland? Oder muss Deutschland den Pokal wieder abgeben? Löw sagt: «Ich verbinde mit dem Pokal viel Freude, viel Arbeit, einige Wochen des Zusammenlebens mit einer Mannschaft. Mit allen Höhen und Tiefen, die man bei einem Turnier so durchlebt. Mit allen Höhen und Tiefen, die da stattgefunden haben. Aber vor allem mit Menschen. Diese Gruppe, diese Spieler, meine Kollegen der sportlichen Leitung, die Betreuer, alle, die dazugehören – wir waren zu dieser Zeit eine unglaubliche Einheit. Sonst ist sowas auch nicht möglich.»

«Man muss seinen eigenen Weg kennen»

Eine WM ist eine Zeit voller Anspannung, Druck und Fokussierung. Gerade wenn nicht alles wie am Schnürchen läuft und man einen Test gegen Österreich 1:2 verliert.

Bei einer Podiumsdiskussion schildert es Löw so: «Du bist 8 Wochen mit 60 bis 70 Leuten unterwegs, alle arbeiten für ein Ziel. Dann erreichst du es, hast eine wahnsinnige Euphorie – irgendwann zu Hause bist du alleine und denkst: Was mache ich jetzt eigentlich? In den Wochen danach spüre ich den Stress. Da erwachst du mal nachts, und es gehen dir Szenen durch den Kopf, die du während des Turniers schon vergessen hast. Es dauert Wochen, bis man wieder Orientierung findet. Man muss seinen eigenen Weg kennen und diesen gehen. Dann kann man das nächste Ziel angehen.»

Für Weltmeister-Macher Löw (Vertrag bis 2022) wird dieses bei jedem Turnier immer das gleiche sein: der Titel.

WM 2018 in Russland

Vom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 statt.

  • Alle Infos, Highlights und Hintergründe – kurz den WM-Ticker – finden Sie hier.
     
  • Sämtliche Ergebnisse und die besten Torjäger gibts hier in der Übersicht.
     
  • Die Spieler aller teilnehmenden Mannschaften im Porträt: Wer wie gut spielt, lesen Sie hier im interaktiven Special.

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