Er krallt es sich so richtig herzhaft, das Brasilien-Shirt. Xherdan Shaqiri, unser Wirbelwind in der Nati-Offensive, ist heiss auf das Duell am 17. Juni gegen den fünffachen Weltmeister, der für ihn auch emotional eine besondere Bedeutung hat. 1998 an der WM in Frankreich sieht er als Knirps im Fernsehen, wie «seine» Brasilianer den WM-Final gegen den Gastgeber verlieren. Die Schweiz ist damals nicht qualifiziert. Nun, 20 Jahre später, möchte Shaqiri dem Land seiner ehemaligen Vorbilder in der ersten Partie der Nati ein Bein stellen.
Xherdan, was ist Ihre erste WM-Erinnerung als Kind?
Xherdan Shaqiri: Das war 1998, das Turnier in Frankreich. Ich war als 6-Jähriger ein riesiger Brasilien-Fan, mein liebster Spieler war Ronaldo. Ich hatte sogar ein T-Shirt von ihm, allerdings kein originales.
Da muss es für Sie besonders gewesen sein, Brasilien selbst zu schlagen. Die Nati hat es 2013 geschafft: 1:0 unter Ottmar Hitzfeld in einem Testspiel im St. Jakob-Park.
Ja, das war schon ganz besonders. Dani Alves traf per Eigentor – ich stand hinter ihm, hätte das Tor auch gemacht (schmunzelt). Es war ein schöner Abend für uns, wir zeigten ein sehr gutes Spiel. Schade natürlich für Dani Alves, dass er die WM jetzt verpasst. Bei aller Konkurrenz: Eine Verletzung gönnt man keinem Spieler.
Apropos: Was bedeutet es, dass Neymar so lange verletzt war und erst jetzt in der Vorbereitung wieder einsteigen konnte?
Nichts. Gar nichts. Die Brasilianer haben genug andere Top-Spieler. Zudem deutet jetzt alles darauf hin, dass er dabei sein wird. Aber es ist für ihn sicher anders, nach Wochen ohne Rhythmus. Aber vielleicht ist er auch ausgeruht. Wir werden sehen.
Was ist denn realistisch für die Schweizer Nati bei diesem Turnier in Russland?
Wir wollen keine grossen Ankündigungen machen und Ziele propagieren. Natürlich wollen wir so weit wie möglich kommen, das ist klar. Aber erstmal müssen wir die Gruppenspiele überstehen, die Achtelfinals erreichen. Unser Ziel ist es, immer besser zu werden. Spiel für Spiel nehmen. Heute gut arbeiten, um morgen noch besser zu sein. Aber klar: Wollen wir uns im Vergleich zu 2014 verbessern, müssen wir die Viertelfinals erreichen.
In den Achtelfinals könnte Deutschland warten.
Das wäre richtig geil. Ganz viele Spieler von uns waren und sind in der Bundesliga, die ganze Welt schaut zu, und du hast nichts zu verlieren. Aber wie gesagt: Erst folgt die Gruppenphase, und in dieser treffen wir nicht bloss auf Brasilien, sondern auch auf Costa Rica und Serbien, zwei ganz schwierige Gegner.
Es ist schon Ihre dritte WM, obwohl Sie erst 26 sind. Wie war es, als Sie 2010 mit 18 in die Nati kamen?
Ich kam staunend wie ein kleiner Schulbub dazu. Es war speziell, als Ottmar Hitzfeld mich aufbot. Zumal ich natürlich zu ihm aufschaute, zum ehemaligen Champions-League-Sieger mit Dortmund und Bayern München. Heute ist es logischerweise anders, ich versuche immer ein Leader zu sein.
Was wissen Sie über Russland?
Wir haben einige Informationen erhalten und wir kriegen noch welche. Unglaubliche Dimensionen. 11 Zeitzonen. Ich habe einige Male in Moskau gespielt. Von Stadt oder Land habe ich noch nicht viel gesehen, wohl auch darum ist mir der Verkehr von Moskau am besten in Erinnerung geblieben. Überall Stau. Mannomann.
Darum ist es ja ganz gut, dass man nicht in Moskau wohnt.
Ich persönlich wäre lieber in Moskau gewesen. Um das wohl intensivste WM-Feeling mitzuerleben. Weil mehr läuft und viele Mannschaften dort wohnen. Ich bin persönlich nicht so gerne in Trainingslagern, es ist oft ein wenig langweilig. Aber es gehört dazu, man muss sich seriös vorbereiten.
Gejasst wird nicht mehr.
Das ist ziemlich vorbei. Playstation oder Poker werden heute hauptsächlich gespielt.
Die schönste Russin?
Maria Scharapowa.
Putin als Präsident?
Politik. Da spreche ich nicht drüber. Reden wir über Fussball!
Bester russischer Fussballer?
Arschawin fand ich immer super.
An ihn kommt von den aktuellen Spielern in Russland keiner ran. Ist ein Russland-Transfer für Sie irgendwann ein Thema wegen des Geldes?
Nein.
Sind Sie auch einer der Ex-Basler, der irgendwann zurück zum FCB möchten?
Ich mache mir noch keine Gedanken, ob das jemals der Fall sein wird.
Möchten Sie einen Abstiegskampf nochmals erleben?
Nein, das habe ich jetzt gesehen. Auch wenn ich viel gelernt habe.
Ihr Klub gab viel für Transfers aus – und trotzdem war die Mannschaft nicht wirklich gut.
Man holte viele Spieler für viel Geld, die dann gar nicht zum Einsatz kamen.
Sie erleben bei der WM das erste Mal den Videoschiedsrichter. Ist das gut oder schlecht?
Ich bin grundsätzlich dafür, am Ende ist es eine positive Sache für den Fussball, wenn man die vorhandenen technischen Hilfsmittel sinnvoll und effizient einsetzt. Dass es den Rhythmus des Spiels bricht, glaube ich nicht.
Die Schweiz träumt von einem Shaqiri-Tor wie an der EM 2016 gegen Polen.
Es war speziell, weil man Jahre danach noch darauf angesprochen wird. Es löst so viele Emotionen bei den Menschen aus. Und ich hoffe, wir als Mannschaft können der Schweiz diesen Sommer viel Freude schenken.
Erstmal wartet heute mit Spanien ein spannendes Testspiel in Villarreal. Was erwarten Sie?
Ein richtig gutes Spiel. Intensiv und technisch. Es ist eine Auswahl von Top-Spielern, die uns alles abverlangen wird. Ein echter Vorgeschmack aufs Brasilien-Spiel …
Die Akteure von Real Madrid sind nach dem Champions-League-Sieg noch nicht dabei. Hätten Sie gerne gegen Sergio Ramos gespielt?
Nachdem ich sah, wie er Mohamed Salah aus dem Spiel nahm, lieber nicht... (lacht.) Nein, natürlich hätte ich mich gerne mit ihm gemessen. Jeder will gegen die stärksten Teams und grössten Fussballer spielen, dafür leben wir!
Wie beurteilen Sie die Szene von Ramos gegen Salah?
Für mich wars keine böse Absicht. Sondern kam einfach unglücklich zustande. Wie es im Fussball halt manchmal passieren kann.
Vom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 statt.
- Alle Infos, Highlights und Hintergründe – kurz den WM-Ticker – finden Sie hier.
- Sämtliche Ergebnisse und die besten Torjäger gibts hier in der Übersicht.
- Die Spieler aller teilnehmenden Mannschaften im Porträt: Wer wie gut spielt, lesen Sie hier im interaktiven Special.
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