Papa Behrami über seinen Sohn
«Als Valon 13 war, musste er sich für eine Sportart entscheiden»

Mein Sohn, der WM-Fahrer. Heute mit Ragip Behrami (58), Vater von Nati-Krieger Valon Behrami (33).
Publiziert: 17.06.2018 um 16:02 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:04 Uhr
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Valon Behrami räumte als Kind im Cross-Lauf alle Pokale ab.
Foto: ZVG
Max Kern

Klein Valon ist viereinhalb Jahre, als sein Papa Ragip mit Gattin Halime und Valons Schwester Valentina vor dem Krieg im Kosovo flüchtet. Familien-Fotos von damals gibts keine. Vater Ragip: «Wir hatten Hunderte Fotos von den Kindern, die Bilder sind alle verbrannt. Bomben fielen auf unser Haus.»

Die Kriegs-Flüchtlinge Behrami finden Unterschlupf in der Südtessiner Gemeinde Stabio. Ragip: «Drei Monate erhielt ich Geld von der Gemeinde. Aber das war eine Schande für mich. Ich wollte arbeiten.»

Daheim in Mitrovice ist Valons Vater vor dem Krieg als Verkaufsleiter in einer Plastik-Fabrik tätig, seine Gattin jobbt im selben Betrieb als Sekretärin.

Im Exil in der Schweiz muss sich Verkaufsleiter Behrami mit einem Job als Lastwagen-Chauffeur begnügen. Er beklagt sich nicht: «Ich habe 20 Jahre lang für Rapelli Salami ausgefahren. Um fünf Uhr war jeweils Tagwache.»

«Valon war ein guter Schüler»

Wie war Valon als kleiner Junge? «Er konnte keine Minute ruhig sitzen. Auch auch dem Sofa nicht. Er wollte immer rauf und runter. In der Schule wars dasselbe, er konnte nicht ruhig sitzen. Aber Valon war ein guter Schüler, er ist intelligent.»

1998 stehen die Behramis wieder vor dem Nichts. Sie sollen die Schweiz verlassen! «Ich habe versucht, das Ganze nicht an Valon heranzulassen. Ich wollte ihn nicht damit beschäftigen. Nur: Was sollten wir machen? In den Kosovo konnten wir nicht zurück, da war Krieg. Wir dachten an Deutschland oder Schweden.»

Doch unerwartet gibts Hilfe vom Tessiner FDP-Staatsrat Alex Pedrazzini, dessen Sohn damals mit Valon bei den Junioren von Giubiasco spielt.

Im Mendrisiotto werden 2000 Unterschriften für den Verbleib der Familie Behrami gesammelt. Valons Familie darf bleiben.

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Der Entscheid zwischen dem Cross-Lauf und Fussball

Klein Valon ist nicht nur ein begeisterter Junioren-Fussballer, noch erfolgreicher ist er damals als Cross-Läufer. Dutzende Pokale stehen im Kinderzimmer. «Er hat im Tessin alles gewonnen. Als Valon etwa 13 war, sagte sein Fussball-Trainer, er müsse sich für eine Sportart entscheiden. Wir beide fanden, Fussball sei besser.»

Im SFV-Ausbildungszentrum in Tenero TI wird Behrami gefördert. Papa Behrami: «Valon musste um zwanzig vor sechs in der Früh auf den Bus Richtung Mendrisio. Von dort mit dem Zug nach Bellinzona. Und dann mit dem Bus nach Tenero. Um 21 Uhr kam er jeweils nach Hause. Er hatte nie Zeit für den Ausgang.»

Behrami ist noch keine 16, als er bei Lugano unter Trainer Roberto Morinini (†) debütiert. Doch kurz darauf fährt Luganos Präsident Helios Jermini mit seinem Audi bei Brusino TI in den Luganersee und begeht Selbstmord. Der Klub geht Konkurs.

GC und Basel buhlten um ihn

«Zu dieser Zeit buhlten GC und der FC Basel um Valon. Aber wir wollten ihn hier im Tessin behalten.» Da tritt Genova auf den Plan. Der Serie-B-Klub mit Trainer Roberto Donadoni bietet gleich einen Vierjahresvertrag.

Bei Hellas Verona wird Behrami zum besten Spieler der Serie B gewählt. Er betritt mit 20 im Klub-Fussball die grosse Bühne: Lazio Rom, West Ham, Fiorentina, Napoli, HSV, Watford. Seit 2017 spielt er für Udinese.

2005 gibt Behrami unter Köbi Kuhn in der WM-Qualifikation gegen Frankreich (1:1) sein Nati-Debüt. In seinem zweiten Match, dem Barrage-Hinspiel gegen die Türkei, schiesst Behrami sein bis heute wichtigstes Nati-Tor.

Schweizer Rekord-Teilnehmer an der WM

Dank dem 2:0-Sieg reicht der Schweiz bei der Schande von Istanbul auch eine 2:4-Niederlage für die WM 2006 in Deutschland. Jetzt steht «der Krieger» als erster Schweizer zum 4. Mal an einer WM im Einsatz. Gegen Brasilien macht er heute sein 80. Länderspiel.

Papa Behrami: «13 Jahre lang in der Nati, wer hätte das gedacht damals? Ich bin sehr zufrieden mit Valons Karriere, auch mit seiner Persönlichkeit. Er hat mit Arbeit viel erreicht. Er hat aber auch viele Opfer gebracht.»

WM 2018 in Russland

Vom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 statt.

  • Alle Infos, Highlights und Hintergründe – kurz den WM-Ticker – finden Sie hier.
     
  • Sämtliche Ergebnisse und die besten Torjäger gibts hier in der Übersicht.
     
  • Die Spieler aller teilnehmenden Mannschaften im Porträt: Wer wie gut spielt, lesen Sie hier im interaktiven Special.

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