Letzte Nacht lief Mays Ultimatum an Putin aus
Boykottiert England die WM?

Der Giftgas-Anschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter erschüttert England. Selbst ein Boykott der WM in Russland wird offen diskutiert. Sogar im Parlament.
Publiziert: 14.03.2018 um 07:43 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:57 Uhr
1/6
Die britische Premierministerin Theresa May stellte ein Ultimatum an ...
Foto: AP

England trägt noch immer schwer am Giftgasanschlag auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter, die am 4. März auf einer Parkbank gefunden wurden – vergiftet durch das Nervengift Nowitschok.

Die britische Premierministerin Theresa May sagt, dass «höchstwahrscheinlich» Russland hinter dem Mordversuch stecke. Denn das eingesetzte Nervengift ist sehr selten und wurde einzig in früheren sowjetischen Laboren hergestellt.

Für May gibts zwei Erklärungen: Entweder wurde der Anschlag im Auftrag des russischen Staates verübt. Oder habe Russland die Kontrolle über das hochgefährliche Nervengift verloren – was nicht nur die englischen Bürger einer grossen Gefahr aussetze.

1/12
Sergej Skripal ist nicht mehr im kritischen Zustand, wie seine Ärzte am Freitag mitteilten.
Foto: EPA

May stellte den Russen und Präsident Wladimir Putin ein Ultimatum: Die Russen legen ihr Nervengift-Programm offen, oder es gibt Sanktionen. So könnte etwa der russische Botschafter ausgewiesen werden. In dieser Nacht lief das Ultimatum ohne eine russische Antwort aus.

Die Sanktionen, die May androht, können auch die WM betreffen. So wird manchenorts ein Boykott gefordert.

Die «Daily Mail» fragt unverhohlen: «Wie können wir jetzt noch an Putins WM teilnehmen?»

Politiker fordert westeuropäischen Verzicht

Einige Politiker beantworten die Frage schon: Parlamentsmitglied Andrew Murrison etwa sagt, dass die Regierung die Mannschaft von einem Verzicht auf die WM überzeugen müsse. Und der frühere britische Top-Diplomat Peter Ricketts forderte gar einen Boykott aller westeuropäischen Teams. Nur so könne man erreichen, dass «der Typ im Kreml etwas mitbekommt».

Selbst Aussenminister Boris Johnson, als Londoner Bürgermeister 2012 Aushängeschild der Olympischen Spiele, hält es derzeit für «schwer vorstellbar», dass die Engländer an der WM teilnehmen können, als wäre nichts gewesen.

May allerdings sagte im Parlament, dass es nicht Aufgabe der Regierung sei, über diese Frage zu entscheiden.

Journalist Matthew Syed von der «Times» hielte es hingegen für falsch, wenn die Krise auf dem Rücken der Mannschaft ausgetragen würde. Er spricht von blosser, plumper «Symbol-Politik».

Und die Russen? Der russische Parlamentarier Leonid Sluzki spricht von einem englischen «Hirngespinst». Und der frühere Geheimdienstler Sergej Stepaschin behauptet: «Die Briten hassen uns einfach für die Tatsache, dass die Meisterschaft in unserem Land stattfindet.»

Entscheidender ist, was Präsident Putin sagt.

Was ist Nowitschok?

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Vieles deutet darauf hin, dass der russische Ex-Spion Sergej und seine Tochter Julia Skripal in England durch das Nervengift Nowitschok vergiftet wurden.

Tödlicher «Neuling»

Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.

Einfache Herstellung

Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»

Anwendung als Puder

Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.

Gegenmittel

Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?