Rund drei Wochen sind vergangen seit dem desaströsen Ausscheiden der russischen Fussball-Nationalmannschaft von der EM. Bleibenden Eindruck haben in Frankreich nur die Auftritte der russischen Gewalttouristen im Stadion von Marseille und in der Stadt gemacht. Erschreckende Bilder.
Die Sicherheitsfrage wird darum eine zentrale Rolle spielen an der WM 2018. Die russische Hooliganszene gilt als gewalttätig, rassistisch und eng verbandelt mit den Behörden. Die Sicherheit für Fans und Fussballer habe «oberste Priorität», sagt Sportminister Witali Mutko.
Aber die Sicherheit ist nur eines der Probleme im russischen Fussball. Da ist auch der Korruptionsverdacht: Die Schweizer Bundesanwaltschaft untersucht weiter die Vergabe der WM. Und da ist vorallem auch der Zustand der Nationalmannschaft. Da herrscht pures Chaos.
Mutko schlägt Alarm: «Ich habe das Gefühl, dass wir um Jahre zurückgeworfen sind. Im Moment haben wir keine Nationalmannschaft und keinen Nationaltrainer.»
Die «Sbornaja», wie die russische Nationalmannschaft genannt wird, gehörte an der EM in Frankreich zu den ältesten Teams. Weil es offenbar keine vielversprechenden Jungen gibt, sehen die Russen auch für die Zukunft schwarz.
Schon 900'000 Menschen haben eine Online-Petition unterschrieben, die verlangt, dass die Nationalmannschaft aufgelöst werden soll und von Grund auf erneuert. Nur: Das würde Jahre dauern und viel viel Geld kosten.
Ab September stehen aber bereits Freundschaftsspiele an und im Juni/Juli 2017 der Confed-Cup, quasi die Hauptprobe für die WM. Mutko muss nun zuerst und schnellstens einen Nachfolger für den erfolglosen Ex-Trainer Leonid Sluzki ernennen.
Dann ein neues, möglichst konkurrenzfähiges Team formen. Nebenher die Vorbereitungen für die WM treffen, die Stadien fertigstellen und das Vertrauen der Menschen in die «Sbornaja» zurückgewinnen. Eine Mammutaufgabe, wie soll das gehen?
Mutko ist nicht zu beneiden: Neben den Problemen im Fussball ist sein Land mit der Suspendierung der Leichtathlen konfrontiert, dem Verdacht systematischen Dopings ausgesetzt, der Korruption verdächtigt.
Bei so viel Ungemach gehen einem auch mal die Argumente aus. Nur nicht dieses, dass der Westen an allem Schuld sei und alles eine politisch motivierte Verschwörung der Medien sei.