«Ich wollte alles hinschmeissen!»
Rettete alte Schröpfmethode die Karriere von Drmic?

Nach einem Knorpelschaden steht Josip Drmic (25) kurz vor dem Karriere­ende. Nun ist er WM-Torschütze. «Viele glaubten nicht mehr an mich», sagt er.
Publiziert: 01.07.2018 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:04 Uhr
Andreas Böni aus Togliatti

Josip, irgendwie ist es verrückt, dass ich Sie nach Ihrem Leidensweg nun sogar an einer WM treffen.
Josip Drmic: Wenn man zurückschaut, ist es ein langer, harter Weg. Erst bist du monatelang auf der Tribüne, dann auf der Bank, bist in der Bundesliga meist Einwechselspieler. Und nun treffe ich auf höchstem Level, an einer WM. Ich hoffe auf ein Happy End, aber nicht gleich am Dienstag (schmunzelt). Ich bin einfach froh, stolz und dankbar. All den Leuten, die an mich geglaubt haben.

Wer war das?
Die engsten Begleiter sind mein Arzt Jochen Gruber aus Nürnberg, der mich operiert hat. Dann mein Trainer Branimir Vajda aus Zagreb, der jeden Tag mit mir gearbeitet hat. Und Momo Alami aus Mönchengladbach, der mir mit seiner Heilkunst geholfen hat.

Was hat er konkret gemacht?
Er hat eine alte Schröpfmethode, bei der man altes Blut herausnimmt. Ich glaube daran, dass mir das geholfen hat.

Wer hat nicht mehr an Sie geglaubt?
Viele. Ganz viele, ich habe sie relativ genau im Kopf. Aber wenn ich öffentlich aussprechen würde, wen ich alles meine, dann bekäme ich wohl ein paar Probleme. Also lassen wir das besser mal so stehen.

Haben Sie ans Aufhören gedacht?
Ich bin ein Mensch, habe ein Herz, habe Hochs und Tiefs. Es gab einige Momente, in denen ich alles hinschmeissen wollte. In denen ich mir sagte: «Es reicht, ich kann nicht mehr, es ist alles zu viel.» Aber es gab auch die anderen.

Spüren Sie Ihr Knie?
Man darf nicht vergessen, dass ich aus einer sehr langwierigen Verletzung komme. Ich hatte zwei, drei Operationen. Einmal Knie, immer Knie. Aber ich trainiere viel, gehe viel in die Physio, mache viel. Und ich habe keine Beschwerden, irgendwie bringt mir diese WM gute Gefühle.

Im Winter wollten ganz viele Super-League-Klubs Sie holen. Warum kamen Sie nicht in die Schweiz?
Was heisst viele? Es war genau ein Trainer, Murat Yakin. Ich habe mit ihm telefoniert. Und gestaunt, dass danach die Medien darüber berichteten. Aber daraus ging auch hervor, dass GC einige andere Optionen prüfte. Jedoch: Mein Fokus war voll auf Gladbach gerichtet, ich wollte nicht in die Schweiz.

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Wechseln Sie diesen Sommer?
Erst mal ist WM, nur WM! Danach gehe ich in die Ferien, dann zurück nach Gladbach. Und dann rede ich mit dem Klub. Dann wird entschieden, was für uns die beste Lösung ist.

Aber vollkommen glücklich kann man nicht sein, wenn man meist draussen sitzt.
Das ist normal, dass man nicht zufrieden ist. Ich bin ein Mensch. Ich bin ein Fussballer, der ehrgeizig ist. Ich will zeigen, was ich kann.

Nun steht die Nati im WM-Achtelfinal. Zuletzt 2014 gegen Argentinien liefen Sie alleine auf den Torwart zu, Ihr Heber misslingt völlig. Wie oft haben Sie diese Szene heute noch im Kopf?
Die Frage werdet Ihr nie aufhören, zu stellen, oder? (Lacht.)

Es ist wieder Achtelfinal.
Ich erinnere mich ganz gut, klar. Ich werde ja oft genug darauf angesprochen. Ich habe entschieden, so abzuschliessen und bin dann der Unglückliche gewesen. Ich gebe zu, es war nicht der beste Entscheid.

Sie waren damals in der Form Ihres Lebens.
Für mich zählt das Hier und Jetzt. Und es gegen Schweden besser zu machen.

Ihr Bewerbungsschreiben für die Startelf haben Sie mit dem Tor gegen Costa Rica abgegeben.
Ich überlasse die Entscheidung selbstverständlich dem Trainer. Er sagt ja immer wieder, wir sollen ihn in Schwierigkeiten bringen, ihm die Selektion möglichst schwer machen. Wir haben ein riesiges Kader, jeder will spielen, jeder ist bereit und heiss. Es ist aber immer auch vom Gegner abhängig, welche Qualität gerade für die Startelf gewünscht ist (schmunzelt). Gegen Costa Rica war es sicher ein guter Schachzug, mich einzuwechseln …

Es ist das Los des guten Jokers, das nächste Mal wieder eingewechselt zu werden.
Ich bin nur schon froh, dass ich wieder auf dem Platz stehen kann. In einem WM-Spiel aufzulaufen, nach meiner Geschichte, ist einfach ein tiefer Genuss.

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Ski-Star Lara Gut unterstützt die Nati und ihren Freund Valon Behrami.
Foto: TOTO MARTI
WM 2018 in Russland

Vom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 statt.

  • Alle Infos, Highlights und Hintergründe – kurz den WM-Ticker – finden Sie hier.
     
  • Sämtliche Ergebnisse und die besten Torjäger gibts hier in der Übersicht.
     
  • Die Spieler aller teilnehmenden Mannschaften im Porträt: Wer wie gut spielt, lesen Sie hier im interaktiven Special.

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