Erpressung, Boykott und Sex-SMS
Bei Weltmeister Frankreich regiert das Chaos

Die Superstars Paul Pogba und Kylian Mbappé sowie Präsident Noël le Graët stehen im Zentrum der Turbulenzen bei WM-Titelverteidiger Frankreich.
Publiziert: 22.09.2022 um 17:31 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2022 um 21:24 Uhr
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Das Verhältnis zwischen den Frankreich-Superstars Paul Pogba (links) und Kylian Mbappé soll nicht mehr so gut sein wie nach dem WM-Triumph 2018.
Foto: imago/Kyodo News
Sebastian Wendel

Benzema, Pogba, Hernandez, Coman, Lloris, Rabiot – im heutigen Heimspiel gegen Österreich muss das schlecht in die Nations League gestartete Frankreich (2 Punkte aus vier Spielen) verletzungsbedingt auf die halbe Stammelf verzichten. Doch das sind nicht die grössten Probleme von «Les Bleus»: Knapp zwei Monate vor WM-Start geht es beim Titelverteidiger drunter und drüber. Wieder einmal.

Immer wieder Chaos: Die Skandalakte von «Les Bleus»

Immer wieder stehen sich die hochtalentierten «Les Bleus» selber im Weg. Eine Auswahl aus der langen Liste der Skandale:

2006: In der Verlängerung des WM-Finals gegen Italien rammt Zinédine Zidane seinen Kopf in die Brust von Marco Materazzi. Zu zehnt verliert Frankreich im Penaltyschiessen.

2010: Nachdem Nicolas Anelka an der WM wegen eines Disputs mit Trainer Raymond Domenech nach Hause geschickt wird, solidarisiert sich das Team mit dem Stürmer und streikt im Training. Das löst eine mittlere Staatskrise aus, sogar der damalige Präsident Sarkozy mischt sich ein.

2015: Karim Benzema empfiehlt Teamkollege Mathieu Valbuena, auf die Forderung von Erpressern einzugehen, die ein Sexvideo von Valbuena veröffentlichen wollen. Benzema wird für sechs Jahre von der Nationalmannschaft ausgeschlossen und wegen Beihilfe zur Erpressung verurteilt.

2021: Auf der Suche nach Gründen für das EM-Out gegen die Schweiz kommt raus, dass sich die Frankreich-Stars während des Turniers die Nächte mit Videogames um die Ohren schlugen, statt zu schlafen. Zudem attackiert nach dem Penaltyschiessen auf der Tribüne die Mutter von Adrien Rabiot die Familie von Mbappé - dieser soll aufhören, so arrogant herumzulaufen.

Immer wieder stehen sich die hochtalentierten «Les Bleus» selber im Weg. Eine Auswahl aus der langen Liste der Skandale:

2006: In der Verlängerung des WM-Finals gegen Italien rammt Zinédine Zidane seinen Kopf in die Brust von Marco Materazzi. Zu zehnt verliert Frankreich im Penaltyschiessen.

2010: Nachdem Nicolas Anelka an der WM wegen eines Disputs mit Trainer Raymond Domenech nach Hause geschickt wird, solidarisiert sich das Team mit dem Stürmer und streikt im Training. Das löst eine mittlere Staatskrise aus, sogar der damalige Präsident Sarkozy mischt sich ein.

2015: Karim Benzema empfiehlt Teamkollege Mathieu Valbuena, auf die Forderung von Erpressern einzugehen, die ein Sexvideo von Valbuena veröffentlichen wollen. Benzema wird für sechs Jahre von der Nationalmannschaft ausgeschlossen und wegen Beihilfe zur Erpressung verurteilt.

2021: Auf der Suche nach Gründen für das EM-Out gegen die Schweiz kommt raus, dass sich die Frankreich-Stars während des Turniers die Nächte mit Videogames um die Ohren schlugen, statt zu schlafen. Zudem attackiert nach dem Penaltyschiessen auf der Tribüne die Mutter von Adrien Rabiot die Familie von Mbappé - dieser soll aufhören, so arrogant herumzulaufen.

Um Mittelfeldspieler Paul Pogba dreht sich die Geschichte, die vor allem eines ist: mysteriös. Ende August kündigt sein Bruder Mathias, früher selber Profikicker, in einem Video «explosive Enthüllungen» über den Juventus-Star an. In verschiedenen Medien heisst es danach, Pogba habe einen Hexer engagiert, damit dieser Nationalmannschaftskollege Kylian Mbappé mit schwarzer Magie verfluche. Paul streitet alles ab und sagt, er werde von seinem Bruder und Jugendfreunden erpresst. Sie würden 13 Millionen Euro für Schutzdienste in den vergangenen Jahren fordern. In diese Richtung ermittelt auch die französische Polizei. Neuster Stand im Pogba-Drama: Mathias sitzt in U-Haft, Paul erhält Polizeischutz und kuriert eine Meniskusverletzung aus, wegen der er auch um die WM-Teilnahme bangt.

Körperlich gesund ist zwar PSG-Stürmer Kylian Mbappé, doch auch er sorgt für Wirbel. Er verweigerte Anfang Woche seine Präsenz auf dem Mannschaftsfoto. Es gehe um «nicht geklärte Vereinbarungen mit dem Verband bezüglich der Bildrechte», so seine Berater. 25’000 Euro Entschädigung pro Spieler und Spieltag seien nicht genug. Zudem wolle Mbappé nicht für Wettanbieter und Fast-Food-Ketten, die den Verband sponsern, Werbung machen.

Selbst der Präsident sorgt für Schlagzeilen

Die geeignete Person für ein Machtwort im Chaos wäre der Präsident. Doch Noël le Graët ist selbst schwer angeschlagen: Gegen ihn läuft eine Untersuchung des französischen Sportministeriums. Wegen angeblicher sexueller Belästigung. Das Magazin «So Foot» enthüllte in einem sechsseitigen Bericht, der 80-Jährige habe an Mitarbeiterinnen SMS mit sexuellen Anspielungen verschickt. Unter anderem an eine junge Frau: «Sie sind ja wirklich gut ausgestattet, ich würde Sie gerne in mein Bett legen.» Le Graët, seit 2011 im Amt, hat eine Verleumdungsklage gegen «So Foot» angekündigt und sagt: «Ich bin sehr gut in meinem Job, alle mögen mich.»

Und Trainer Didier Deschamps? Der würde sich gerne auf die «Mission Titelverteidigung» konzentrieren, verständlicherweise gerade nicht so einfach. Er meint zu den Turbulenzen lapidar: «Nicht ideal.»

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