Mein WM-Höhepunkt
«Das spektakuläre 4:3 zwischen Frankreich gegen Argentinien im Achtelfinal. Da war alles drin, was sich das Fussballherz wünscht. Ein spektakuläres Hin und Her. In der zweiten Halbzeit ist der Stern von Kylian Mbappé mit seinem Doppelpack komplett aufgegangen. Er ist technisch perfekt, dribbelstark und verfügt über einen Antrieb wie eine Rakete. Mit Ball und ohne Ball am Fuss. Mbappé ist der kommende Weltfussballer. Nach Messi, Ronaldo und Neymar.»
Meine WM-Überraschung
«Die Kroaten gehörten schon vor dem Turnier zum erweiterten Favoritenkreis. Aber nicht zu den Topfavoriten. Was Kroatien nun geleistet hat, verdient den allergrössten Respekt. Nach einer souveränen Gruppenphase haben sie in den K.-o.-Spielen eine unglaubliche Mentalität an den Tag gelegt und unglaubliche Moral bewiesen. Dreimal ist Kroatien im Rückstand gelegen, dreimal zurückgekommen. Mit Teamspirit, Wille und Klasse. Das Mittelfeld mit Luka Modric und Ivan Rakitic war wohl das beste an der WM. Dass der Regisseur von Barcelona und der Regisseur von Real Madrid derart gut harmonieren, ist eine grosse Leistung ihres Trainers Zlatko Dalic.»
Meine WM-Enttäuschung
«Deutschland und Spanien. Dass die beiden Nationen früh ausgeschieden sind, war enttäuschend. Die Art und Weise, wie sie gespielt haben, ist alarmierend. Ohne Tempo, ohne Dribblings, ohne Risiko, ohne vertikales Spiel, blutarm. Nur mit Ballbesitz gewinnt man keine Spiele mehr. Das war der Niedergang der deutschen Weltmeister-Generation von 2014. Ich bin nun sehr gespannt, wie der Umbruch in Deutschland aussehen wird. Es muss ja Veränderungen geben nach diesem blamablen letzten Gruppenplatz.»
Mein Volltreffer
«Der Videobeweis ist einer der Gewinner dieser WM. Im Gegensatz zur Bundesliga wurde dieser in Russland nur bei sehr wichtigen Situationen eingesetzt. Und das war gut so. 75 Prozent der schwerwiegenden Fehlentscheide konnten dank ihm korrigiert werden, das ist ein Erfolg. Dass solche Fehler zum Fussball gehören, können auch nur Fans behaupten. Für Direktbetroffene, wie Trainer oder Spieler, ist eine solche Aussage unverständlich. Es geht um Gerechtigkeit – auch im Fussball.»
Meine Erkenntnis
«Die Ballbesitz-Jünger haben einen herben Rückschlag erlitten. Teams mit weniger Ballbesitz waren erfolgreicher. Das Paradebeispiel sind die Franzosen. Sie haben sich zurückfallen lassen, um dann nach Balleroberung mit vertikalem Spiel und grossem Tempo anzugreifen. Sie waren im Angriff auch flexibel, versuchten ihr Glück mal mit Kombinationen, aber auch mal miteinem langen Ball. Auffallend ist auch, dass sich die ‹Neuneinhalb›, die Jogi Löw 2014 statt einer richtigen Sturmspitze eingeführt hat, verabschiedet hat. Alle vier Halbfinal-Teams setzten auf einen Brecher in der Sturmspitze. Mandzukic, Giroud, Lukaku und Kane sind kantige, grosse Mittelstürmer, die den Kollegen auch Platz verschaffen.»
Aufgezeichnet: Michael Wegmann