Er strahlte nach Schlusspfiff, als hätte er gerade selber das entscheidende Tor zum WM-Titel geschossen. Tatsächlich kann sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als Sieger fühlen.
Genau richtig kommt ihm dieser Triumph, der die aufkommende Ernüchterung in Frankreich über seine Politik überstrahlt. Das Land steht vereint wie lange nicht mehr hinter diesem Team, das mit pragmatischem, effizientem, in entscheidenden Momenten auch spektakulärem Fussball den zweiten WM-Titel gewinnen konnte.
Ein Coup völlig befreit von politischen Begleittönen und Intrigen: Brav singen alle Spieler die französische Hymne mit. Keiner gibt sich extravagant. Alle leben und zeigen den Teamgedanken. Ein Haufen genialer Individualisten, die im blauen Miteinander verschmelzen und sich am Ende vereint und glückselig in den Armen liegen, als wären alle eins. Ein grossartiges Bild.
Anders als noch 1998, beim ersten WM-Triumph, als die rechtsnationale Partei «Front National» die «Bleus» als «zu schwarz» kritisierte und damit ein Eigentor schoss, weil dieser Rassismus die Spieler um Lilian Thuram nur zusätzlich anstachelte, hält sich die Le-Pen-Partei dieses Mal zurück. Die Erfahrung hat sie offenbar gelehrt, dass man mit rassistischer Provokation in der Gunst der Wähler nur verlieren kann, wenn Multikulti-Spieler wie Mbappé, Pogba oder Umtiti gerade zu Helden werden, welche die Menschen vereinen und ihnen ein gutes Gefühl geben.
Dieser WM-Titel hat gewiss eine gesellschaftlich integrative Kraft. Genauso wie 1998. Aber heute wissen wir, dass das damals nur eine Momentaufnahme war. Man sollte also die Hoffnung nicht allzu sehr strapazieren. Die Integrationsprobleme kann der Fussball nicht lösen. Nicht in Frankreich, nicht anderswo. Er kann aber als gutes Beispiel vorangehen.
Umso mehr sollten die Franzosen den Moment geniessen. Diesen Moment der puren Freude und Einigkeit. Diesen Moment grossen Sports.