Bruder Betim Dzemaili
«Blerim hatte nur Seich im Kopf»

Mein Bruder, der WM-Star. Heute mit Betim Dzemaili (34), dem älteren Bruder von Blerim (32).
Publiziert: 30.05.2018 um 11:07 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:05 Uhr
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Betim Dzemaili hält schützend den Arm um seinen kleinen Bruder Blerim.
Foto: TOTO MARTI
Max Kern

BLICK nimmt jeden Tag bis zum Kick-Off der WM in Moskau am 15. Juni einen Nati-Star unter die Lupe – aus der Perspektive einer ihm nahestehenden Person. Der Auftakt macht Betim Dzemaili (34), der ältere Bruder von Blerim (32).

Dreikäsehoch Blerim Dze­maili steht daheim im mazedonischen Bogovinje vor einer alten, mit Blumen geschmückten Karre. Sein fast drei Jahre älterer Bruder hält schützend den Arm um die Schultern des Kleinen. Betim Dzemaili (34), heute Broker Relationship Leader beim Versicherer Zurich, schmunzelt: «Blerim war damals kein einfacher Junge. Unsere Mutter hatte echt zu kämpfen mit ihm. Er hatte nur Seich im Kopf. Bis er elf oder zwölf Jahre alt war, hat er nie zugehört. Die einzige Drohung, die half, war: ‹Wart nur, bis der Vater heimkommt ...›»

Nur, das mit dem Heimkommen konnte Monate dauern. Papa Fekredin Dzemaili (59) arbeitet damals in der Schweiz als Saisonnier. Neun Monate ist er weg von zu Hause. Die erste Nacht in der Schweiz schläft er in einem Park beim Zürcher Helvetia-Platz. Nicht einmal im Traum denkt Dzemaili senior damals daran, dass sein jüngerer Sohn Jahre später an ebendiesem Helvetia-Platz mit dem FC Zürich den Meistertitel feiern wird.

Fussballschuhe vom Flohmarkt

Betim Dzemaili: «In den Sommerferien durften wir jeweils drei Monate zu meinem Vater in die Schweiz.» Im April 1993 bekommt Sportlehrer Dzemaili, der in Zürich auf dem Bau arbeitet, die fixe Aufenthaltsbewilligung. Blerim (damals 7) und Betim (knapp 10) ziehen mit Mutter Shemije für immer nach Zürich.

Die ersten Fussballschuhe kauft Papa Dzemaili seinen Jungs am Flohmarkt. Zufall oder nicht: Die Occasions­schuhe hält der 63-fache Schweizer Internationale am Helvetia-Platz in seinen kleinen Händen. Betim Dzemaili: «Mein Vater verdiente auf dem Bau in etwa 4000 Franken. Das Geld reichte nirgends hin. Wir wohnten mit einer anderen Familie in Zürich-Oerlikon in einer Zwei-Zimmer-Wohnung.

Blerim der Stürmer

Je ein Zimmer pro Familie. Unsere Mutter musste auch am Samstag arbeiten. Blerim und ich waren jede freie Minute auf dem Fussballplatz.» Blerim spielt erst beim FC Oerlikon/Polizei, später beim FC Unter­strass. Betim: «Bei den E-Junioren war er Stürmer, schoss 30, 40 Tore pro Saison. Später rutschte er in seiner Karriere immer weiter nach hinten.» Bei YF Juventus wird er zum Innenverteidiger. Und fällt mit 14 im Probe­training bei GC durch. Betim: «GC befand ihn für zu klein.»

Dzemaili wächst kurz darauf in einem Jahr über 10 Zentimeter. Der FC Zürich schnappt zu. Betim: «Bis 15 war Blerim ein brutales Kopfballmonster. Er sprang einen Meter höher als alle andern. Doch nach einer Gehirnerschütterung mied er die Luftkämpfe.» 2000 ziehen die Dzemailis in Zürich-Seebach in eine ­Vier-Zimmer-Wohnung. «Mit 14 hatte Blerim erstmals ein eigenes Zimmer.»

2006 und 2007 stemmt Dze­maili auf einem Balkon am Helvetia-Platz, wo er 13 Jahre zuvor am Flohmarkt die ersten Töggeli-Schuhe erhielt, als FCZ-Jungstar den Meister­pokal in die Höhe. Dzemailis Eltern leben seit 2007 wieder in Mazedonien. Wegen Muskelschwunds bezieht Fekredin eine 33-Prozent-Rente der IV. Betim: ­«Davon können sie dort gut ­leben. Und wir haben ihnen ein schönes Haus gebaut.»

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Blerim Dzemaili

Dzemaili startet 2003 beim FCZ durch, holt mit den Zürchern den Cup und zweimal die Meisterschaft. Dann wechselt der 63-fache Nati-Spieler  nach England zu den Bolton Wanderers. Über Turin und Parma landet er 2011 bei Napoli, absolviert dort über 100 Spiele und wird zweimal Cupsieger. Heute steht Dzemaili bei Bologna in der Serie A unter Vertrag.

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