Brasil-Star Elber über die WM-Gruppe
«Die Schweiz kommt weiter!»

Giovane Elber (45) spricht exklusiv im BLICK über die Schweizer WM-Chancen, die Erwartungshaltung am Zuckerhut, über seine 4000 Rinder – und wie ihn kürzlich eine Chinesin unter den Tisch trinken wollte …
Publiziert: 04.12.2017 um 00:21 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:40 Uhr
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Der mit dem Ball tanzte: Giovane Elber im Brasilien-Dress.
Foto: EPA
Max Kern

BLICK: Giovane, wo erreichen wir Sie?
Giovane Elber: In München. Es ist kalt hier, viel zu kalt. In einer Woche fliege ich wieder heim nach Brasilien.

Was machen Sie in München?
Ich war beim Spiel der Bayern gegen Hannover. Ich bin Markenbotschafter von Bayern. Ich fliege in dieser Funktion für die Münchner um die ganze Welt. Es macht Spass. Am Dienstag sehe ich noch das Champions-League-Spiel gegen PSG. Es gibt Schlimmeres.

Als Markenbotschafter von Bayern kamen Sie kürzlich in China aber an Ihre Grenzen. Eine Chinesin versuchte Sie unter den Tisch zu trinken …
… Ja, unglaublich, ich hätte nicht gedacht, dass eine Frau soviel trinken kann. Und alles auf ex.

Sie mussten Halbliter-Gläser mit Bier runterstürzen?
Ja, aber nach dem dritten Glas sagte ich ihr, ich habe genug. So trinkt man kein Bier in Deutschland und auch sonst nirgends. Sie hat sich kaputtgelacht.

Maradona hat letzten Freitag in Moskau Brasilien und die Schweiz für die WM in die gleiche Gruppe gelost. Sind Sie zufrieden?
Ja, ein sehr gutes Los. Ich denke, Brasilien und die Schweiz werden weiterkommen, das ist mein Tipp.

Wie ist die Auslosung in Ihrer Heimat aufgenommen worden?
Wir Brasilianer freuen uns. Die Gruppe ist nicht schwer. Brasilien ist Brasilien, wir versuchen natürlich, Erster zu werden. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Gruppen-Zweite im Achtelfinal auf Deutschland trifft, ist sehr gross. Und wir Brasilianer wollen natürlich den Deutschen aus dem Weg gehen. Wir haben ja keine guten Erinnerungen an sie …

Sie spielen auf die 1:7-Jahrhundert-Pleite im letzten WM-Halbfinal an …
… Ja, das kann kein Brasilianer vergessen.

Deutschland demütigt Brasilien 2014 und gewinnt 7:1.
Foto: KEYSTONE

Glauben Sie, dass Costa Rica im nächsten Sommer kein Spielverderber sein kann?
2014 hat Costa Rica in Brasilien attraktiv, schön und dazu auch noch effizient gespielt. Aber ich glaube nicht, dass sie das in Russland wiederholen können.

Wann haben Sie die Schweizer letztmals spielen gesehen?
Lange nicht mehr. An der letzten WM habe ich die Schweiz natürlich genau verfolgt wegen Ottmar.

Mit Ottmar Hitzfeld als Trainer feierten Sie bei Bayern ihre grössten Triumphe – Champions-League-Sieger, Weltpokal, Deutscher Meister und Pokalsieger.
Ja, das war eine sehr schöne Zeit. Als Ottmar zu Bayern kam, sagte er zu mir: Giovane, wenn du willst, kannst du einer meiner wichtigsten Spieler werden. Klar, sagte ich zu ihm, aber wir müssen Fussball auch spielen dürfen, nicht nur arbeiten.

Was sind Ihre Erinnerungen an die Schweiz?
Sehr gut. In der Schweiz bin ich als Fussballer gross geworden. Bei GC habe ich alles gelernt. Ich hatte keinen Druck durch die Presse, auch nicht durch die Kameraden. Ich konnte langsam ins Fussballgeschäft reinwachsen.

Elber (l.) im GC-Dress.
Foto: BLICKSPORT

Doch der Start in der Schweiz war für Sie 1991 der reinste Horror. Es war kalt. Sie verstanden kein Wort Deutsch, auf der Speisekarte im Hotel gabs weder Reis noch Bohnen …
Genau.

Da entdeckte Ihr Bruder auf einer kleinen Tafel bei der Hotel-Bar drei mit Kreide gemalte Worte. So stehts in Ihrer Biografie «Mensch, Elber!»
Ja, stimmt alles in diesem Buch, nichts ist gelogen.

Die drei Worte waren «Chili con carne». Darauf haben Sie und Ihr Bruder in Zürich eine Woche lang nur Bohnen mit Hackfleisch gegessen. Und dazu Extra-Portionen Pommes.
Ja, so war es.

In Ihrer Biografie beschreiben Sie auch die offene Drogen-Szene am Zürcher Platzspitz. «Du steigst jeden Tag ins Tram, fährst zum Training, schaust durch die geputzten Fenster, da drüben ist der Platz, an dem sich die Heroinsüchtigen der Stadt ohne Angst vor der Polizei treffen dürfen und es tun. Furchtbar, trostlos, nicht zu fassen, aber zum Greifen nahe. Einige liegen schon flach, früh am Morgen, wenn ich zum Training fahre. Tote, die erst in ein paar Stunden sterben werden.»
Stimmt. Schrecklich.

Haben Sie noch Kontakt zu den Ex-Mitspielern von GC? Zu Ciri Sforza, Alain Sutter, Thommy Bickel …
Nein, leider nicht.

Auch nicht zu Pascal Thüler?
Doch, Paco habe ich kürzlich beim Schneefussball in Arosa getroffen.

Wissen Sie, was Ihr ehemaliger Kumpel Murat Yakin macht?
Nein.

Er ist seit Ende August GC-Trainer …
Super, das freut mich. Der Fussball braucht solche Trainer, nicht nur Professoren, sondern auch solche, die mal erfolgreich Fussball gespielt haben.

Noch eine Frage, Giovane, wie viele Rinder haben Sie zuhause?
4000. Das reicht für eine Grill-Party am Wochenende, oder?

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Giovane Elber de Souza wird 1972 in Londrina (Br) geboren. In Brasiliens U20-Nati steuert der Mittelstürmer 1991 vier Tore zum Vize-Weltmeistertitel bei. Milan kauft ihn für 1 Mio. US-Dollar, parkt ihn kurz darauf bei GC. Mit den Zürchern wird Elber 1994 Cupsieger und mit 21 Treffern NLA-Torschützenkönig. Beim VfB Stuttgart bildet Elber ab 1994 mit Fredi Bobic und Krassimir Balakow das magische Dreieck. Mit zwei Toren zum 2:0-Pokalsieg gegen Cottbus verabschiedet er sich 1997 nach München. Mit den Bayern wird er 2001 Champions-League- und Weltpokalsieger. Dazu kommen 4 Meistertitel und 4 Pokalsiege. Mit Olympique Lyon wird er 2004 und 2005 Meister. Bei Cruzeiro Belo Horizonte beendet der 15-fache Internationale (7 Tore) 2006 seine eindrückliche Karriere.

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