Der einzige Winter-Neuzugang beim FC St. Gallen ist Tranquillo Barnetta. Stimmt nicht! Die Espen holten auch Sandro Poschinger, wie Barnetta ein waschechter St. Galler. Sandro wer? Der erst 17-Jährige ist St. Gallens erster eSport-Spieler. Er kickt nicht real. Er kickt virtuell an der Playstation, er spielt die bekannte Fussballsimulation «Fifa». Eben eSport, kurz für elektronischer Sport.
Doch ist das Sport, wenn sich nur die Finger am Controller bewegen? Poschinger sagt: «Für mich schon. Es ist ein Wettkampf. Ich bereite mich auf die Turniere vor, ich achte auf genügend Schlaf und aufs Essen.»
Täglich ein bis zwei Stunden Training
Tatsächlich ist der Teenager das pure Gegenteil eines versifften Game-Nerds, der zwischen leeren Pizzakartons nächtelang an der Konsole sitzt. Er ist im zweiten Jahr seiner KV-Lehre und geht dreimal die Woche ins Thai-Boxen. «Fifa»-üben tut er im Schnitt täglich eine bis zwei Stunden, vor Turnieren und an Wochenenden mehr.
Was sagt die Freundin zum Zocken, das weit mehr als nur ein Hobby ist? «Sie hat Verständnis, auch wenn ich mal auf etwas verzichten muss, wenn ich mich vorbereite», sagt Sandro. «Auch mein Vater hat mich schon an Turniere begleitet.»
Die eSport-Turniere – ein Mikrokosmos, der fast unbeachtet immer grösser wird. Es gibt Verbände, Weltmeisterschaften, Live-Übertragungen im Internet oder TV mit vielen Millionen Zuschauern, Turniere mit üppigen Preisgeldern. St. Gallen ist als erster Schweizer Klub dabei. Man schielt auf neue Sponsoren und PR-Chancen. «Die Entwicklung im eSport verläuft rasant. Wir sind vom Potenzial überzeugt», sagt Pascal Kesseli, CEO der FC St. Gallen Event AG. Der FC Luzern will bald nachziehen. Das Playstation-Zocken ist längst erwachsen geworden.
Bayern ist sein Team
Poschinger nahm mit 14 Jahren an seinem ersten Turnier teil. Jetzt vertritt er St. Gallen im Trikot mit seinem Usernamen « Neysk11L». Muss er nun stets mit den virtuellen Espen antreten? Poschinger schmunzelt und sagt: «Man hat freie Team-Wahl. Ich spiele meistens mit Bayern.»
Als Halbprofi verdient sich der Teenager mit der Entschädigung vom Klub und mit den Preisgeldern etwas dazu. Der Auftritt als Espe öffnet Poschinger auch Türen. Wenn es bald wie geplant eine Liga mit Klubs wie ManCity, PSG oder Schalke gibt, ist Poschinger als St. Galler dabei. Und die Fernziele? «Mich mal für eine WM qualifizieren oder vom eSport leben zu können.»