Es ist Mai, als Ottmar Hitzfelds Handy klingelt. Julio Cesar, sein ehemaliger Dortmunder Spieler, ruft an. Der Brasilianer ist heute Berater und hat zuletzt viele Spieler nach China verkauft.
«Ottmar», sagt er, «wir müssen uns sehen. Guangzhou Evergrande, der Meister von 2014, will Dich unbedingt nach China holen.» Hitzfeld antwortet Julio Cesar, dass er ihn privat gerne sehen möge. «Aber meine Trainer-Karriere ist vorbei.» Dennoch willigt er für ein unverbindliches Treffen ein.
Die Chinesen steigen sofort ins Flugzeug und treffen Hitzfeld in Zürich. Am Flughafen, im Hotel Radisson blu. Die Chinesen – auch Guangzhou-Präsident Liu Jong Zhuo ist da – versuchen Hitzfeld zu überzeugen, nach seinem Rücktritt als Nati-Trainer 2014 wieder einzusteigen. Hitzfeld hört geduldig zu, winkt aber ab. Und fliegt dann nach Mallorca in die Ferien.
Doch zu seiner Überraschung fliegen ihm die Chinesen drei Tage später hinterher. Hitzfeld, ein stets höflicher Mensch, gewährt ihnen eine weitere Stunde, bevor er eine Runde Golf spielen geht.
Und der Klub versucht alles. Der Präsident lockt Hitzfeld mit Traum-Zahlen. Ist bereit, ihm sogar leicht mehr zu zahlen als Italiens Weltmeister-Coach Marcello Lippi. Dieser verdiente bei Guangzhou 14 Millionen Franken netto! Bei Hitzfeld wärens für die nächste Saison im Jahr 2016 um die 15 Millionen gewesen – plus Prämien wohlgemerkt.
Zudem: Für die angebrochene Saison, in der Hitzfeld das Team von Mai bis Oktober hätte coachen müssen, sind die Chinesen bereit, rund 10 Millionen Franken auszugeben. So viel kassiert nun zumindest Luis Felipe Scolari, Brasiliens Weltmeister-Trainer von 2002.
Der China-Wahnsinn – Hitzfeld sagt Nein zu 25 Millionen Franken. Er sagt zu BLICK, ohne die Zahlen zu kommentieren: «Ja, es stimmt, dass ich in eineinhalb Jahren mehr verdient hätte als in sieben Jahren bei Bayern München. Aber in meinem Leben zählen heute mit 66 Jahren andere Sachen – nämlich Gesundheit und die Familie. In einer Woche heiratet mein Sohn Matthias. Im September werde ich zum ersten Mal Opa. Meine Frau und ich haben eine wunderschöne Zeit vor uns.»