Vor zwei Jahren schrammte Ex-FCZ- und GC-Star Wynton Rufer am Tod vorbei
«Mein Lebensretter ist heute mein bester Freund!»

In den 80ern war er ein Rebell. Heute lebt FCZ-Legende Wynton Rufer (58) in Auckland und betreibt seine eigene Fussballschule. Vor zwei Jahren wäre ihm um ein Haar alles genommen worden.
Publiziert: 22.02.2021 um 01:07 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2021 um 08:32 Uhr
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Zurzeit verbringt Wynton Rufer seine Sommerferien in Wellington. Dort geht er einem seiner Hobbies nach, dem Fischen.
Foto: zvg
Eynat Bollag

Wynton Rufer ist in den Sommerferien bei seinem Bruder Shane (60) in Wellington, als BLICK den ehemaligen FCZ-Star erreicht. Momente wie diese geniesst Rufer besonders. Wie schnell alles vorbei sein kann, hat er vor zwei Jahren am eigenen Leib erfahren müssen. Im Januar 2019 erleidet Rufer einen Herzinfarkt.

Darauf angesprochen schickt der 58-Jährige ein Bild übelster Verbrennungen an seiner Wade. «Wegen des Defibrillators habe ich Verbrennungen bekommen», erzählt er. Und das nicht nur an der Wade, sondern auch am unteren Rücken. An diesen beiden Stellen sei die Energie des Defibrillators wieder ausgetreten. Rufer sendet noch ein Bild. Mit viel Fantasie ist ein Oberschenkel zu erkennen. Aufgrund der starken Verbrennungen musste eine Hauttransplantation gemacht werden und dafür hätten die Ärzte Haut vom Oberschenkel entnehmen müssen.

«Wegen ihm lebe ich noch»

Rufer spricht von seiner Herzattacke so unbeirrt, fast als würden wir uns über das Wetter unterhalten. Diese Ruhe habe er auch schon im Spitalbett gehabt: «Nach dem Herzinfarkt lag ich auf dem Bett, alle um mich herum waren am ausflippen, aber ich hatte den totalen Frieden.»

Passiert ist das Ganze nach einem Basketballspiel, das er in Auckland besuchte. Nach seinem Zusammenbruch habe ein Passant auf der Strasse Rufer sofort versucht, zu reanimieren. «Der Junge hat mich am Leben gehalten. Er ist jetzt mein bester Freund», sagt Rufer und lacht. «Ja hey, wegen ihm lebe ich noch».

Lässt sich Schuhe bis nach Japan liefern

Er schon, ein anderer musste vor einem Monat gehen. Die Rede ist von Heini Oechslin (†87) – dem Erschaffer des Fussball-Eldorados «Fussball-Corner» am Zürcher Schaffhauserplatz.

«Er war ein guter Freund», sagt der Neuseeland-Schweizer. «Jedes Jahr, wenn ich meine Verwandten in Zürich Schlieren besuchte, habe ich Heini getroffen. Erst gingen wir in seinem Laden allen «Sali» sagen, dann sind wir über die Strasse ins Café und haben Tee getrunken.»

Das «Enfant terrible»

Rufer hat während seiner Karriere immer Schuhe und Schienbeinschoner von Oechslin getragen. Immer versehen mit seinem Kosenamen und Nachnamen «Kiwi Rufer». Bis nach Japan liess er sie sich von seinem Freund liefern.

Kennengelernt haben sich die beiden während Rufers Zeit beim FCZ. Eine Ära, die nicht nur Rufer als nervenaufreibend beschreiben würde. «Enfant terrible», «Rebell», «Sorgenkind» waren die Bezeichnungen, die dem Stürmer in den Achtzigern nur so um die Ohren fliegen. Rufer fällt beim FCZ vorwiegend durch Eskapaden auf: Nächtelange Discoaufenthalte und regelmässiges Zu-Spät-Kommen. «Ich habe ein paar blöde Sachen gemacht. Mir fehlte die professionelle Einstellung», sagt er.

Die «Flucht» in die Heimat

Die Gründe dafür sind vielfältig. 19-Jährig kommt Rufer, Sohn eines Schweizer Auswanderers und einer Maori, aus Neuseeland in die Schweiz. Aus einem Land, in welchem lockerer, freier und ungezwungener gelebt wird als hier. Verständlich, dass ihm die Schweizer Mentalität Mühe bereitet hat. Zudem spricht Rufer, im Gegensatz zu heute, nur Englisch. Kommt hinzu, dass er auf sein neues Leben als Fussballer schlecht vorbereitet ist. «Niemand hat mir gesagt, wie man sich als Profi verhalten und an welche Regeln ich mich da halten muss». So kommt das Megatalent nicht nur regelmässig zu spät, sondern haut auch, trotz Verbot vom FCZ, für die WM-Quali-Spiele in seine Heimat ab. «Ihr vom BLICK habt mich damals dafür fertig gemacht», erinnert sich Rufer und lacht. Seiner «Flucht» in die Heimat hat er jedenfalls auch sein Liebesglück zu verdanken. Mittlerweile ist er 33 Jahre mit Lisa verheiratet.

Trotz den vielen Scherereien, lässt der damalige FCZ-Präsident Sven Hotz Kiwi selbst nicht gehen, als Gladbach anklopft. «Ich hätte einen Zweijahresvertrag bei Gladbach unterschreiben können, aber Hotz wollte zwei Millionen Franken für mich, das war ihnen zu viel», erzählt Rufer auch Jahre danach noch aufgebracht. «Mein Herz war gebrochen, ich war kaputt. Ich wollte kurzfristig gar mit dem Fussball aufhören.» Gut haben ihn seine Frau Lisa und sein tiefer Glauben zum Christentum umgestimmt. Als Werder Bremen später anfragt, klappts. «Ich hätte für zehnmal mehr Geld auch bei Lazio unterschreiben können. Aber mir hat Otto Rehhagel besser gefallen». Bremen wird zum Höhepunkt seiner Karriere.

Kein «Kiwi 2.0»

Heute führt der Ex-Profi in Auckland seine eigene Fussballschule. Seit der Corona-Pandemie auch Online. Dass aus seinen beiden Söhnen Caleb (29) und Joshua (25) kein «Kiwi 2.0» geworden ist, nimmt er gelassen. Immerhin sind einige seiner Absolventen auf gutem Weg dazu. So wie Chris Wood, der bei Burnley in der Premier League unter Vertrag steht. Er will seinen Schülern nicht nur das Fussball-Einmaleins beibringen, sondern auch Anstand und Demut. Für Rufer ist seine Schule eine Herzensangelegenheit. «Tschutten» noch immer sein liebstes Hobby. Vielleicht neben dem Angeln, das er aktuell mit seinem Bruder in vollen Zügen geniesst. Zu schnell kann alles vorbei sein...

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