Der 25. April 2015 bleibt für jeden Fan von RB Leipzig unvergessen! Fabio Coltorti erzielt in der Nachspielzeit das 2:1 gegen Darmstadt. Es ist bis heute das ein-zige Siegtor eines Goalies aus dem Spiel heraus in der 1. und 2. Bundesliga. Und was für eine Kiste! Mit dem Rücken zum Tor nimmt er den Ball mit links an, dreht sich um die eigene Achse und versenkt mit rechts. «Klar muss man den erst mal machen, aber da waren auch viel Glück und Zufall dabei», sagt Coltorti und lacht. «Ich war 20 Jahre lang Goalie, sechs Jahre bei RB Leipzig – und was hängen bleibt, ist dieses Tor.»
Coltorti wird nach Spielschluss gefeiert und auf den Schultern seiner Mitspieler vom Platz getragen. Sein Treffer bringt Leipzig kurzfristig die Hoffnung auf den Aufstieg in die 1. Bundesliga zurück, klappen tut es aber erst im Jahr drauf. «Es war besser so. Ein Jahr vorher waren wir noch nicht bereit.»
Mit dem Aufstieg wird der 197-Zentimeter-Hüne aus Kriens zu einem der ganz Grossen in der Klubgeschichte von RB Leipzig. 2012 ist er aus Lausanne gekommen und ging mit dem Klub den Weg von der 4. Liga bis in die Bundesliga.
Familie statt Fussball
Im Sommer 2018 legt er die Goalie-Handschuhe ein für alle Mal weg und zieht zu Ehefrau Patricia und Tochter Adriana nach Marbella an Spaniens Costa del Sol. Ein ganz neuer Lebensabschnitt beginnt: mit Familie und ganz ohne Fussball. «Ich verfolge auf Blick.ch, was im Fussball so läuft. Aber ich habe nie mehr ein Spiel über 90 Minuten geschaut. Ich bin nun von Beruf Papi.»
Da Spanien von der Corona-Krise schwer getroffen und das ganze Land seit Wochen in Quarantäne ist, bleibt er zu Hause.
Kehrt wieder Normalität ein, findet man den 39-Jährigen in Marbella am ehesten auf dem Tennisplatz. Denn Adriana ist ein grosses Tennistalent und wird gefördert. Als Zehnjährige spielt sie an Turnieren bereits gegen 15-jährige Teenager. Seit einem Jahr trainiert Adriana täglich zwei Stunden mit einem professionellen Tennislehrer. Und Papi Coltorti hilft an allen Ecken und Enden. Er macht den Chauffeur, den Assistenztrainer, ja sogar den Sparringpartner.
Dass er sich in Ernährungslehre, als Athletiktrainer und Yogalehrer weitergebildet hat, hilft natürlich auch. «Das Wichtigste ist aber, dass sie Spass am Tennis hat. Als sie vor zwei Jahren mit dem Tennis aufhören und tanzen wollte, haben wir ihrem Wunsch selbstverständlich nachgegeben. Kinder müssen Freude haben an dem, was sie tun», sagt der ausgebildete Primarlehrer.
Hatte er selbst auch immer Spass zwischen den Pfosten? Coltorti schmunzelt und sagt: «Sagen wir es mal so: Habe ich nur zum Spass Fussball gespielt, mit Kumpels oder so, wollte ich immer im Sturm spielen und Tore schiessen. Torhüter wurde mein Beruf, weil ich für diese Position die besten Voraussetzungen mitbrachte.»
«Trainer fragte mich, wie ich heisse»
Und was sagt er dazu, dass der Schweizer Goalie Yvon Mvogo (25) seit bald drei Jahren bei Leipzig nur auf der Bank sitzt? «Das war sicher nicht so geplant. Aber wer als Goalie bei einem Spitzenklub in einer Topliga unter Vertrag steht, hat keine Garantie, dass er spielt.»
Er erinnert sich an den Sommer 2007, als er von GC zu Santander wechselte. «Mir wurde gesagt, dass ich als Nummer eins geholt wurde. Doch als ich dem Trainer vorgestellt wurde, fragte mich dieser, wie ich heisse ...»
Mvogo bringe alles mit für einen grossen Goalie. «Er hat in der Goalieschule von RB extrem viel profitieren können. Jetzt muss er bereit sein, wenn er eine Chance bekommt.»
So wie einst Coltorti. Oder Peter Gulasci, der hinter Coltorti anstehen musste und jetzt Mvogo vor der Sonne steht.