Herr Ceferin, schlafen Sie wieder besser?
Aleksander Ceferin: Ich habe zuletzt immer besser geschlafen, aber perfekt ist es noch nicht.
Die Corona-Epidemie ebbt ab. Aber machen Sie sich immer noch Sorgen um den Fussball?
Natürlich, es liegt noch viel Arbeit vor uns. Ich war letzte Woche das erste Mal seit zwei Monaten in der Schweiz. Und ich hatte gleich von 9 Uhr morgens bis 11 Uhr abends Sitzungen. So viele offene Fragen, so viele Dutzende Millionen, die wir verlieren werden. Da wäre es unverantwortlich, gleich einzuschlafen. Die Lage für die Uefa ist nicht alarmierend und auch nicht gefährlich – aber wir müssen für die Klubs, die Ligen und die Stakeholder schauen.
Wann genau fiel der Entscheid die EM abzusagen?
In der ersten März-Woche. Als die Ligen stoppten, wussten wir, dass die Klubs ein fürchterliches Problem haben, wenn wir die Euro durchdrücken. Und gleichzeitig sagten wir uns, wir sollten sie selber absagen, bevor wir von den Regierungen dazu gezwungen werden. Ich habe in jenen Tagen nicht gut geschlafen, aber letztlich die Entscheidung dann für mich getroffen.
Würden Sie darauf wetten, dass die Euro nächstes Jahr gespielt wird?
Ja, das würde ich. Ich wüsste nicht, warum sie nicht stattfinden sollte. Ich denke nicht, dass die Corona-Krise für immer andauern wird.
Was gibt Ihnen diese Gewissheit?
Es ist eine ernsthafte Situation, aber sie verbessert sich. Und wir sind im täglichen Leben ja auch vorsichtiger. Wir wissen inzwischen mehr über das Virus – und ich bin grundsätzlich Optimist. Ich mag keine apokalyptischen Aussagen, dass wir auf die zweite, dritte, vierte oder fünfte Welle zusteuern. Natürlich: Menschen, die wir kennen, werden eines Tages sterben. Aber muss man sich deswegen jeden Tag Sorgen machen? Müssen wir heute Angst haben? Ich denke nicht. Wir müssen den Empfehlungen der Behörden folgen. Aber ich bin persönlich absolut sicher, dass der gute alte Fussball mit Fans sehr bald wiederkommen wird.
Aleksander Ceferin, am 13. Oktober 1967 in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana geboren, ist seit September 2016 Uefa-Präsident. Bis dahin war er während fünf Jahren Vorsteher des slowenischen Fussballverbands. Ceferin hat Jura an der Universität in Ljubljana studiert und übernahm später die Anwaltskanzlei seines Vaters.
Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er spricht fünf Sprachen fliessend. Seine grosse Passion? Karate. Er trägt den schwarzen Gürtel.
Aleksander Ceferin, am 13. Oktober 1967 in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana geboren, ist seit September 2016 Uefa-Präsident. Bis dahin war er während fünf Jahren Vorsteher des slowenischen Fussballverbands. Ceferin hat Jura an der Universität in Ljubljana studiert und übernahm später die Anwaltskanzlei seines Vaters.
Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er spricht fünf Sprachen fliessend. Seine grosse Passion? Karate. Er trägt den schwarzen Gürtel.
Wird diese Zeit den Fussball für immer verändern?
Ich denke nicht, dass etwas für immer verändert wird. Es ist eine neue Erfahrung, und wenn wir dieses verdammte Virus los sind, wird es wieder normal sein. Fussball änderte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht, und er wird sich auch nach dem Virus nicht ändern. Meine Sichtweise ist aber: Warum soll die Welt nach dem Virus nicht grundsätzlich besser sein? Es gibt immer Lektionen zu lernen.
Wann endet eigentlich die Champions League dieses Jahr?
Unser Plan ist es, Ende August fertig zu sein.
Und wenn nicht?
Schauen Sie, es ist ja okay, zu fragen, was passiert, wenn dieses oder jenes geschieht. Aber ich weiss es nicht. Man kann fragen: Was ist, wenn die WM 2026 in Nordamerika nicht abgehalten werden kann? Wir wissen nie, was passiert. Aber Fakt ist, dass die Bundesliga gestartet ist. Dass die Spanier bald beginnen, davor auch noch die Portugiesen und bald 80 Prozent der europäischen Ligen. Ich wüsste also nicht, warum die Champions League und die Europa League nicht gespielt werden sollten.
Sie sind Optimist.
Absolut. Weil Pessimismus mich umbringt.
Wie sehen Sie den Neustart in der Bundesliga?
Als gutes Zeichen für alle. Die Deutschen sind strikt mit allem Medizinischen, es ist ein Silberstreif am Horizont. Wir haben Anzeichen von 15 Ligen, dass sie starten wollen. Das zeigt, dass langsam Normalität einkehrt.
Haben Sie diese Anzeichen auch aus der Schweiz?
Ich denke, sie planen auch, wieder zu spielen. Aber ich kenne die Details nicht genau. Ich lebe zwar in der Schweiz, aber ich lebe vor allem in der Uefa-Zentrale. Insgesamt habe ich über die Schweiz genau gleich viele Informationen wie zum Beispiel über die bulgarische Liga.
Aber Sie dürften mitbekommen haben, dass es in der Schweiz grosse Schlagzeilen um Bundesanwalt Michael Lauber gibt, der Fifa-Präsident Gianni Infantino traf und diese Treffen nicht protokollierte. Machen Sie sich darüber Sorgen?
Ich las darüber, weil wir auch den Pressespiegel der Schweizer Medien bekommen. Aber schon, als ich ein Anwalt war, mochte ich Menschen nicht, die Fälle ohne Kenntnisse beurteilen. Also wäre es auch von mir nicht korrekt, über diesen Fall zu reden.
Denken Sie im Moment, dass die Spieler ein bisschen bescheidener werden sollten? Weniger gierig?
Ich denke nicht, dass die Spieler gierig sind. Der Markt entscheidet über die Preise. Wenn Sie oder ich ein Angebot erhalten würden, 20 Millionen Dollar pro Saison zu bekommen, glaube ich nicht, dass Sie oder ich Nein sagen würden. Lassen Sie uns nun sehen, wie der Markt sich entwickelt. Es ist möglich, dass die Preise sinken. Umgekehrt bringen die Spieler auch viel Umsatz, und Fussball ist eine Industrie, die eine Menge Steuern zahlt. Der Markt entscheidet, wie es weitergeht.
Sie waren immer sehr strikt mit dem Financial Fairplay. Bleiben die Regeln dafür in der zukünftigen Fussball-Welt gleich?
Natürlich, wer die Regeln nicht befolgt, wird sanktioniert. Man muss sie immer auch neuen Gegebenheiten anpassen. Aber das wird nicht so schnell passieren. Es gibt viele Ideen, aber in dieser schwierigen Zeit haben wir aufgehört, über Änderungen nachzudenken. Nun müssen wir erst das Schiff in die richtige Richtung lenken.
Manchester City wurde für zwei Jahre von der Champions League ausgeschlossen. Stehen Sie voll dahinter?
Die Entscheidung wurde von unabhängigen Gremien getroffen, und der Fall liegt vor dem CAS. Ich kenne den Inhalt nicht wirklich, und ich mag keine Leute, die alles kommentieren, ohne die Dinge wirklich beurteilen zu können.
Reden wir über Frauenfussball. Wie weit ist man in den Überlegungen bezüglich gleicher Bezahlung?
Ich denke, die Sache ist schwierig, weil es ein grosser Unterschied ist, wie viel der Männerfussball einbringt und wie viel Frauenfussball. Wir investieren viel Geld in den Frauenfussball, und er wird immer populärer. Aber gleiche Bezahlung? Das ist schon sehr schwierig, etwas darüber zu sagen.